Der Schmid-Chat, der Wolfgang Sobotka zu Fall bringen soll
Der Fall hatte schon im Sommer 2022 für Aufsehen gesorgt. Da war in den vielen Seiten der Vernehmung von Thomas Schmid durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auch der Vorwurf aufgetaucht, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka habe bezüglich einer Steuerprüfung der inzwischen aufgelassenen Erwin-Pröll-Stiftung interveniert.
Und zwar direkt bei Thomas Schmid, damals Generalsekretär im Finanzministerium. Sobotka hatte das umgehend dementiert und auch darauf verwiesen, dass die zeitlichen Angaben von Schmid dazu nicht stimmen können.
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Mehr als ein Jahr später hat nun die WKStA an das Präsidium des Nationalrats, zu Handen Wolfgang Sobotka, das Ersuchen gestellt, dass der Nationalrat der Verfolgung des Präsidenten zustimmen solle. Sprich: dass die Immunität des ÖVP-Politikers aufgehoben wird.
In dem Schreiben wird auf das anhängige CASAG-Verfahren (Ermittlungen rund um die Casinos Austria) verwiesen, in dem Thomas Schmid als Beschuldigter geführt wird. Und dieser habe am 26. Juni 2022 ausgesagt, dass Sobotka bei ihm interveniert habe. Wobei Schmid dann bezüglich der Steuerprüfungen (neben der Erwin-Pröll-Stiftung auch das Alois-Mock-Institut) erklärt habe, dass das "im Sinne von Mag. Wolfgang Sobotka" erledigt worden sei.
Diese Aussagen hat Wolfgang Sobotka damals als falsch zurückgewiesen. Deswegen dürfte es Monate danach noch den zusätzlichen Schriftsatz von Thomas Schmid gegeben haben, den dessen Anwalt an die WKStA weitergeleitet hatte.
Chat von Sektionschef Eduard Müller
In dem Ersuchen der WKStA wird aber auch noch auf ein Schreiben von Schmid verwiesen, das dann im November 2022 an die WKStA übermittelt worden ist.
Darin wird eine Chat-Nachricht aus dem Jahr 2017 vom damaligen Sektionschef im Finanzministerium Eduard Müller zitiert, die zeigen soll, dass man wegen der Erwin-Pröll-Stiftung im Austausch gewesen ist.
In diesem Schreiben, in dem Schmid erklärt, dass "zu den im Rahmen der bisher durchgeführten Einvernahme bereits gemachten Ausführungen (...) weitere Sachverhalte offengelegt bzw. vertiefende Angaben dazu gemacht" werden, ist folgender Chat von Sektionschef Müller an Schmid zu finden:
"Lieber Thomas, der Steuerberater der E.-P.-Stiftung ist von sich aus (!) auf das Finanzamt zugegangen und wollte mit dem FA die Steuerfragen klären. Es wurde auch mit dem Steuerberater abgestimmt, dass die Klärung im Rahmen einer Betriebsprüfung erfolgt. Da die Rechtsfragen (betr. Zuwendungen und Zustiftung) nicht eindeutig sind, hat das FA den bundesweiten Fachbereich eingeschalten. Dort muss erst geprüft werden, das dauert ... LG Edi" (15. 9. 2017)
Das klingt eigentlich recht harmlos, wird von Thomas Schmid aber dennoch als entscheidender Chat gesehen.
Zuwendung oder Zustiftung
In der Steuerfrage ging es darum, ob die Rückzahlung der 300.000 Euro der Pröll-Stiftung an das Land als Zuwendung oder als Zustiftung angesehen wird. Das ändert die Höhe der Steuer, die abgeliefert werden muss.
Im Schreiben von Schmid liest man dazu: "Im August 2018 änderte der zuständige Beamte aber seine Meinung und bewertete auf Basis des Berichts des Landesrechnungshofes die 300.000 Euro plötzlich als Förderung, obwohl ein entsprechender Bericht im Ministerium schon seit fast einem Jahr auflag."
Damit musste dann nur noch Kapitalertragssteuer nachgezahlt werden.
Thomas Schmid nimmt den Chat und diese Entwicklung als Beweis dafür, dass es eine Steuerprüfung gegeben hat und interveniert worden sei. Der Name Sobotka selbst kommt in dem Chat allerdings nicht vor.
Dennoch erklärt Schmid, dass ihm eine Intervention durch Sobotka erinnerlich sei. Wobei auch festgehalten wird, dass "sich der Beschuldigte in seiner Erinnerung jedoch dahingehend geirrt haben dürfte, dass - wie die oben genannte Chat-Nachricht und der Medienbericht aufzeigen - gegenständlich aufgezeigter Sachverhalt nicht im Zeitraum des Ministerwechsels von SPINDELEGGER zu SCHELLING, sondern in der Endphase von SCHELLING stattgefunden haben muss". So das Zitat in dem Schriftsatz an die WKStA.
Das Verwechseln des Zeitraums war Schmid nach der Einvernahme durch die WKStA von der ÖVP als Indiz dafür vorgehalten worden, dass die Aussagen nicht stimmen würden.
Die Reaktion von Sobotka
Auf das Ersuchen der WKStA, die Immunität von Nationalratspräsident Sobotka aufzuheben, gab es aus dessen Büro folgende Reaktion: "Diese falschen Anschuldigungen wurden bereits vor mehr als einem Jahr öffentlich, weshalb wir eigentlich schon früher mit diesem Schritt gerechnet hätten. Schon damals hat der Präsident des Nationalrates klargestellt, dass die Vorwürfe falsch und auf das Schärfste zurückzuweisen sind.
Er wird dementsprechend alles unterstützen, was zu einer raschen Aufklärung führt und den Immunitätsausschuss des Nationalrates bitten, dem Auslieferungsbegehren so rasch wie möglich zu entsprechen, damit die Behörden endlich den Sachverhalt aufklären können", so der Sprecher des Präsidenten.
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