Kurz-Prozess: Für Thomas Schmid gibt es keinen Weg zurück

Thomas Schmid wird zum unfreiwilligen türkisen Hauptbelastungszeugen.
Die für Montag geplante Aussage des Ex-ÖBAG-Chefs wird mit großer Spannung erwartet.

Wenn sich heute, Montag, um 9.30 Uhr die Türen des Großen Schwurgerichtssaals im Wiener Straflandesgerichts öffnen, kommt es zu einem Wiedersehen der besonderen Art: Sebastian Kurz wird erstmals nach langer Zeit jenem Mann gegenüberstehen, der ihn um das Kanzleramt und de facto um seine politische Karriere gebracht hat: Thomas Schmid.

Seine Chats und später sein Geständnis bei der WKStA, das dem früheren ÖVP-Intimus den Kronzeugen-Status bringen könnte, haben eine Lawine an Ermittlungen (Stichwort Inseratenkorruption, Steuerinterventionen etc.) gegen türkise Politiker und Unternehmer ausgelöst. Und letztlich haben sie auch zum heute fortgesetzten Prozess gegen Kurz und seinen früheren Kabinettschef Bernhard Bonelli wegen angeblicher Falschaussage im Ibiza-U-Ausschuss geführt.

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Kanzlerliebe

Zur Erinnerung: Kurz hat damals, im Juni 2020, erklärt, er sei über die Entscheidung, dass Schmid Alleinvorstand der Staatsholding ÖBAG werden soll, lediglich „informiert“ gewesen. Auch in die Zusammensetzung des Aufsichtsrats will der damalige Kanzler der türkis-blauen Koalition nicht involviert gewesen sein. Chats, die bei Schmid gefunden wurden, deuten aber auf Gegenteiliges hin. Wir erinnern uns an den legendären Nachrichtenwechsel zwischen Kurz und Schmid: „Kriegst eh alles was du willst“ und „Ich liebe meinen Kanzler“.

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Bei seiner Einvernahme bei der WKStA im Sommer 2022 legte Schmid dann nach: Die Planung, dass er ÖBAG-Chef werden sollte, sei „sehr wohl von Sebastian Kurz ausgegangen“, gab er zu Protokoll. Bonelli, damals Berater und später Kabinettschef, habe sich in Kurz’ Auftrag eingebracht und bei mehreren Terminen teilgenommen.

Auf die Frage, warum Kurz und Bonelli diesen Umstand im U-Ausschuss verschwiegen haben sollen, erklärte Schmid, dass Kurz alles, was in Richtung Postenschacher ging, von sich habe fernhalten wollen. Diese Argumentation führte die WKStA dann auch im Strafantrag als Motiv an.

Kronzeugenstatus

Soweit zur Aktenlage. Heute soll Schmid erstmals vor Publikum im Gerichtssaal erklären, wie sein Aufstieg an die Spitze der Staatsholding vonstattenging. Dem Vernehmen nach will der 48-Jährige vollumfänglich aussagen – für ihn gebe es keinen Weg zurück, heißt es. Auch der Umstand, dass die WKStA seinen Antrag auf Kronzeugenstatus noch immer nicht abgesegnet hat, ändere daran nichts. Als Zeuge kann er sich aber entschlagen, wenn er Gefahr läuft, sich selbst zu belasten.

Die Situation ist äußerst heikel: Schmid wird noch immer in zahlreichen Verfahren – darunter einige, die er selbst durch sein Geständnis angestoßen hat – als Beschuldigter geführt.

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Jedenfalls muss er sich auf ein knallhartes Verhör durch die Verteidiger Werner Suppan und Otto Dietrich einstellen. Ihre Verteidigungslinie lautet: Schmid lügt, er will nur seine eigene Haut retten. Und überhaupt seien er und Kurz niemals so „eng“ miteinander gewesen, wie immer behauptet wird. Beim letzten Prozesstag, dem 17. November, trat Kurz sogar noch einmal vor den Richter und las Chats vor, die zeigen sollen, dass Schmid ihm gegenüber nicht immer loyal gewesen sei.

Wie sehr Schmid seinen Kanzler wirklich „geliebt“ hat, das wird er heute wohl erklären müssen.

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