Es ist der zweite Rücktritt eines türkisen, oder besser, eines schwarzen Landeshauptmanns innerhalb weniger Wochen. Elf Tage zuvor hat Hermann Schützenhöfer bekanntgegeben, dass er mit Anfang Juli sein Amt zurücklegen werde.
Erleichternd
Wenn man nach Jahren an der Landesspitze das Feld räumt, dann ist das schon auch erleichternd, sagen andere Alt-Landeshauptleute. Immerhin habe er während seiner Amtszeit pro Nacht maximal fünf Stunden geschlafen, erzählt Weingartner. Das hatte zur Konsequenz, dass er hin und wieder für ein paar Minuten ein Schläfchen am Rücksitz seines Dienstautos einlegen musste, „um nachher wieder voll fit zu sein, auch wenn ich eigentlich eine Rede hätte vorbereiten sollen".
Und als Landeshauptmann außer Dienst lässt sich natürlich vortrefflich über Politik fachsimpeln.
Eine Runde von sechs Altlandeshauptleuten, zu der auch Christof Zernatto (LH in Kärnten von 1991–1999) gehört, trifft bzw. traf sich zu diesem Zwecke einmal im Jahr, jedes Mal in einem anderen Bundesland. „Da haben wir dann immer ganz genau gewusst, wie Politik geht und wie es zu machen wäre“, sagt Zernatto und lacht dabei.
Mittlerweile werden die Treffen aber seltener, denn die Alt-Landeshauptleute sind älter geworden. Zernatto ist heute 73. „Und ich war noch ein Baby-Landeshauptmann als ich zur Runde eingeladen worden bin, die anderen waren etwa 20 Jahre älter“, sagt er.
Neben dem Platz am Tisch der Alt-Landeshauptleute habe er es nach seinem Rückzug aus der Politik vor allem genossen, wieder mehr Zeit für die Familie zu haben. Im Amt habe er sicher seinen Chauffeur öfter gesehen als seine Tochter, sagt er.
Und auch die Sache mit dem Sonntagsessen ist wieder leichter geworden. Das hatte sich als amtierender Landeshauptmann nämlich mitunter schwierig gestaltet. „Ich wollte am Sonntag immer mit der Familie essen gehen. Irgendwann hat meine Tochter gesagt, bleiben wir lieber daheim. Das habe ich nicht verstanden, bis sie gesagt hat: ’Da kommt sonst wieder ein Mann und will was von dir’“, erzählt Zernatto.
Noch schwieriger hatte er es mit Tony Blair, ehemals Premierminister Großbritanniens, der sich nach einem Treffen mit Jacques Chirac, Gerhard Schröder und Muammar al-Gaddafi am Wörthersee einmal eine katholische Messe anschauen wollte. Zernatto begleitete ihn zur Kirche, woraufhin eine Menge motivierter Pörtschacher Kirchgänger die beiden umringte. Blair gefiel es trotzdem. Und Zernatto nahm es als Lektion in Sachen EU-Politik: „Ich habe mir gedacht, so viel Europa auf niedrigster Ebene würde uns allen guttun, dann wäre die europäische Idee populärer“, sagt er.
Mehr als ein Buffet-Besucher
Generell sei der Beruf des Landeshauptmannes ja komplex. „Man ist viel mehr als ein Besucher verschiedener Buffets, für den einen manche Leute halten“, sagt Zernatto. „Man muss über ungeheuer vieles Bescheid wissen, die politischen Abläufe kennen und mit allen einen konstruktiven Dialog führen können. Dabei wechseln gute und weniger gute Tage, kleine und größere Krisen sich ab. Man weiß nie, worauf man sich heute einstellen muss.“
Auch Weingartner hat in seinen neun Jahren als Landeshauptmann vieles gelernt. Einerseits, wie man bei den vielen Eröffnungsterminen dem Schnapstrinken elegant ausweichen kann. Anderseits auch vieles über soziale Nöte. „Ich kam aus einem bürgerlichen Umfeld, im Job war ich dann mit Schicksalen konfrontiert, die ich so noch nicht kannte. Wie schlecht es Alleinerzieherinnen geht, zum Beispiel“, sagt der 85-Jährige.
Alles in allem war ihm die Tätigkeit als Landeshauptmann immer eine Freude, sagt Weingartner. „Niemand soll jammern, dass der Beruf zu anstrengend ist.“
Und jetzt? Jetzt gewinnt Weingartner beim Schachspielen auch wieder gegen seine Frau.
Hin und wieder.
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