"Das Gefühl, ich werd' übers Ohr gehauen"

Kathleen Höll (mit Ehemann Otmar Höll, beide Politologen und Therapeuten): "Man hat oft das Gefühl: Wer am besten trickst, kommt in der Politik nach oben. Daher kommen diese Betrugsfantasien der Menschen."
Die Welt ist therapiebedürftig. Das Politologen- und Therapeutenpaar Otmar und Kathleen Höll erklärt, ob und wie das funktionieren könnte.

Wer dieser Tage die Nachrichtenlage auch nur überfliegt, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Egal, wohin man blickt, überall brodeln die Konflikte. Impfskeptiker gegen Wissenschafter, Bundesländer gegen Wien,  USA gegen China und Tirol gegen den Rest der Welt. Wie kommen wir da wieder raus? 

Die Welt scheint politisch und gesellschaftlich dermaßen gespalten zu sein, dass man den Eindruck hat, wir befinden uns in einer Sackgasse. Wo ist der Ausweg?

Otmar Höll: Die Gemengelage ist paradox: Seit der Globalisierung ist die Welt kleiner geworden. Zugleich sind die wechselseitigen Abhängigkeiten größer geworden. Die logische Konsequenz wäre: Man müsste mehr kooperieren. Doch das Gegenteil hat stattgefunden.

Warum?

Otmar Höll: Menschen wollen Macht. Es geht immer ums Gewinnen. Man muss sich allerdings fragen, ob das auf Dauer gut gehen kann. Vor hundert Jahren waren wir in einer ähnlichen Situation. Es war eine Zeit des rasanten technischen und wissenschaftlichen Fortschritts – die in einen Weltkrieg geführt hat. Von dem viele anfangs begeistert waren. Sie dachten an einen schnellen Sieg. Und das, obwohl die Gesellschaften in Europa sehr eng miteinander verflochten waren, viele hatten einen Krieg nicht für möglich gehalten.

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