Das ewige Dilemma: Wie umgehen mit Blau?

REGIERUNGSKRISE: FPÖ PK ZUR POLITISCHEN SITUATION: KICKL
Nach ihrem NÖ-Erfolg provozierte die FPÖ mit Hetze gegen Wiener Schülerinnen. Ein sattsam bekanntes Muster.

Seit Jörg Haider 1986 die FPÖ zur rechtspopulistischen Partei ummodelte, beschäftigt sich die heimische Innenpolitik mit der Frage: Wie soll man mit der FPÖ umgehen? Strikt abgrenzen? Nachahmen? In Regierungsfunktion „entzaubern“?

Nach dreieinhalb Jahrzehnten wurde kein Rezept gefunden. Aktuell führt die FPÖ sogar in den bundesweiten Umfragen. Die vielen Krisen verursachen Zukunftsängste, und das spielt der FPÖ in die Hände. „Angst war immer schon der Motor des Rechtspopulismus“, sagt der Kommunikationsexperte Maximilian Gottschlich.

Schon allein, wie man auf die ständigen rechten Provokationen reagieren soll (diese Woche hat ein blauer Landesrat Wiener Schülerinnen beleidigt, weil sie Migrationshintergrund haben) ist umstritten. Ignorieren? Empört zurückweisen?

„In der Demokratie verbietet es sich, solche Aussagen zu übergehen, nur um den demokratiefeindlichen Populisten ,keine Bühne zu geben‘. Im Gegenteil: Man muss sich offensiv mit ihnen auseinandersetzen, um zu verhindern, dass die Rechtspopulisten die Themenhoheit übernehmen“, sagt Gottschlich.

Kurz und bündig

Die Politikwissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle sieht hingegen die Gefahr, dass man wenig bedeutende Politiker wie den erwähnten Waldhäusl damit aufwertet. Solche Provokationen zu ignorieren, sei aber auch nicht ideal. „Am besten ist, die anderen Parteien replizieren darauf kurz und bestimmt. Aber sie dürfen sich nicht von den Rechtspopulisten ständig die Themen vorgeben lassen. Es gibt Wichtigeres.“

Sebastian Kurz hat es mit der Methode der Nachahmung versucht. Ist das ein taugliches Mittel gegen den Rechtspopulismus?

NATIONALRAT: STRACHE / KURZ

Heinz-Christian Strache und Sebastian Kurz

„Eindeutig nein: Es darf keinen Überbietungswettbewerb im Negativen, in der Menschenverachtung, im Chauvinismus und in der Missachtung des Rechtsstaats geben“, sagt Gottschlich. Das heiße aber auch, reale Schwierigkeiten der Integration, der Brennpunktschulen etc. offen und transparent zu benennen und Wege der Krisenbewältigung aufzuzeigen. „Dazu bedarf es einer neuen Fehlerkultur: Dort, wo es zu politischem Versagen kommt, sind die Fehler zu benennen und nicht zu verschweigen und zu vertuschen. Vertrauen ist auch eine Funktion der Transparenz.“

ÖVP trägt an Kurz-Schäden

Stainer-Hämmerle sieht die Problematik bei Kurz insbesondere darin, „Stilmittel der Rechtspopulisten“ übernommen zu haben: die Angriffe auf die Justiz, das Parlament nicht ernst zu nehmen, Höchstgerichtserkenntnisse zu ignorieren. „Er hat Zweifel an den demokratischen Institutionen geschürt um des eigenen Erfolgs willen. Dieses Misstrauen gegenüber der Politik und den Institutionen bleibt nun in erster Linie an der ÖVP als Kanzlerpartei hängen.“

Den Profit der geschürten Demokratieskepsis können nun die Freiheitlichen abschöpfen.

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