Da konfrontiert eine wohlvorbereitete Schülerin Dienstagabend in einer Puls 4-Sendung den niederösterreichischen FPÖ-Landesrat Waldhäusl mit der Aussage, dass sie und viele ihrer Klassenkollegen nicht in Wien wären, wenn dessen Vorstellungen von Asylpolitik umgesetzt worden wären. Der FPÖ-Politiker sagt darauf nicht das, was man erwarten würde: dass Österreich – im Gegenteil – viel mehr so rhetorisch gewandte, bildungswillige, gut integrierte junge Frauen und Männer wie sie brauchen würde, aber weniger junge Analphabeten mit rückständigem Frauenbild und massiven Integrationsproblemen. Nein, er antwortet grobschlächtig: „Dann wäre Wien noch Wien.“
Natürlich ist das völlig „jenseitig“ (O-Ton Johanna Mikl-Leitner) und „menschenverachtend“ (Michael Ludwig). Doch die nun folgende, gut orchestrierte Aufregungsspirale nutzt am Ende nur der FPÖ: Die Schulklasse zeigt mithilfe eines bekannten NGO-Anwaltes den Freiheitlichen an, Politiker aller Parteien und Medien hyperventilieren. Gleich zwei Tage später sind die Schüler dann zu Besuch bei den Grünen im Parlament, dürfen sogar auf Kickls Sessel im Plenarsaal Platz nehmen. Die erstaunlicherweise ebenfalls anwesende Justizministerin schmückt sich mit den Jugendlichen. Das will nun auch der Bürgermeister tun, der sie ins Rathaus eingeladen hat. Rechte hissen ein Transparent vor der Schule. Wiens SPÖ postet daraufhin #WienerHerzen auf Social Media.
Man kann das alles als gelungenen Unterricht in Politischer Bildung betrachten, den diese Klasse nie vergessen wird. Andererseits wirkt es fast zu inszeniert. Hoffentlich wurden die Jugendlichen nicht für den „guten Zweck“ instrumentalisiert, die Blauen vorzuführen. Diese Absicht geht nämlich fast immer nach hinten los. Weil viele Bürger klammheimlich der FPÖ recht geben. So bleibt am Ende des Tages in den Köpfen vieler Menschen nur übrig, dass Wien nicht mehr Wien sei und die einzigen, die sich das zu sagen trauten, die Freiheitlichen seien.
Die FPÖ pusht sich mit Radikalopposition nach oben und scheitert dann immer in der politischen Verantwortung, zumindest im Bund. In den Ländern wird geräuschloser mitregiert, vielleicht auch, weil dort das Alarmgeheul der politischen Mitbewerber und die Suche nach blauen Skandalen nie so intensiv ist. Aber es besteht kein Zweifel: Der allzu gut bekannte Mechanismus von Jörg Haider funktioniert auch bei dessen deutlich weniger bzw. gar nicht glamourösem Nachfolger Herbert Kickl. Es wird Zeit, darauf professioneller zu reagieren.
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