Bei der ÖVP ist klar: Alles ist auf Sebastian Kurz zugeschnitten – eine mitunter übertriebene Inszenierung inklusive. Aber Kurz ist der Kanzler und Stimmenbringer. Seine Partei liegt am Ende dieses Corona-Jahres bei 40 Prozent, und er selbst in der Kanzler-Direktwahlfrage von OGM noch um zehn Prozentpunkte darüber.
Die Bevölkerung ist laut OGM sowohl mit dem Corona-Management als auch mit der Regierungsperformance überwiegend zufrieden - trotz einiger Flops des ÖVP-Regierungsteams.
Vergleichsweise läppische Formalfehler der Finanz reihten sich da an ernsthafte Fehlleistungen im Verfassungsschutz. Die Bewährungsproben für Finanzminister Gernot Blümel beim Budget und für Innenminister Karl Nehammer bei einer BVT-Reform stehen noch aus.
Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (und WKO-Boss Harald Mahrer) haben sich mit dem „Kaufhaus Österreich“ als Protagonisten einer Digitalisierungsoffensive schwer beschädigt.
Arbeitsministerin Christine Aschbacher hat nach anfänglichen Werbeflops Fuß gefasst. Sie bindet die Sozialpartner ein, und diese Unterstützung wird sie auch 2021 dringend benötigen, denn Arbeitslosigkeit wird das zentrale Problem sein.
Bildungsminister Heinz Faßmann hatte keinen leichten Job, es wird noch einiger Anstrengungen bedürfen, die entstandenen Bildungsdefizite der Kinder aufzuholen.
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner profitiert von der positiven Rolle, die das Bundesheer in der Krise spielt. Frauenministerin Susanne Raab hingegen könnte bei ihrer Parteifreundin Ingrid Korosec in die Nachschulung gehen – die 80-jährige ÖVP-Seniorenchefin ist Raab in Sachen Feminismus weit voraus. Die Ministerinnen Elisabeth Köstinger und Karoline Edtstadler sind vor allem Zuarbeiterinnen des Kanzlers.
Im grünen Team spielte Gesundheitsminister Rudolf Anschober logischerweise die zentrale Rolle in der Pandemie. Auch ihm sind Fehler passiert, auch er neigt zur Überinszenierung, aber durch seine Besonnenheit hat er die Grünen als regierungsfähige Partei etabliert.
Justizministerin Alma Zadic verhandelte jüngst das kontroverse Anti-Terror-Paket. Zwar schaffte sie es, die ÖVP-Idee einer „Sicherungshaft“ für Gefährder zu vertagen, das ebenfalls von Türkis gewünschte Gesetz gegen „religiös motivierte extremistische Verbindungen“ brachte ihr dennoch viel Kritik ein, zielt es doch – trotz neutraler Formulierung – klar auf den Islam ab. Demgegenüber hängt ein Herzensprojekt der Grünen, das Transparenzpaket, in der Warteschleife.
Coronabedingt in den Hintergrund gerückt ist die Arbeit von Klimaministerin Leonore Gewessler, zuständig für die grünen Leuchtturmprojekte. Sie wird 2021 zeigen müssen, was sie kann. Das Budget für Klimaschutz-Maßnahmen kann sich jedenfalls sehen lassen.
Und Werner Kogler, Vizekanzler? Er ist Motivator und Streitschlichter, wenn seine Grünen wieder einmal von den Türkisen in Bedrängnis gebracht wurden. Dann zeigt er intern die grüne Handschrift auf, dann ordnet er die Maßnahmen der Regierung im Sinne der Grünen ein – im Prinzip also dasselbe, was er vor einem Jahr auf der Bühne des Bundeskongresses tat.
Besonders unangenehm für die Grünen war das sture Aussperren von Flüchtlingskindern aus Moria durch die ÖVP (auch Außenminister Alexander Schallenberg beschädigte sich in der Frage). Die Grünen mussten im Nationalrat entgegen ihrer Überzeugung mit der ÖVP und der FPÖ gegen eine Aufnahme stimmen. Koalitionsräson tat hier besonders weh, die Grünen haben in diesem Jahr sehr viel an Pakttreue geleistet.
Die Grünen verschieben ihren für Jahresbeginn geplanten Bundeskongress. Der offizielle Grund ist Corona. Im Sommer, wenn Menschenansammlungen wieder möglich sind, wollen die Delegierten zusammenkommen. Bis dahin will die Parteiführung den Delegierten, die vor einem Jahr mit hochgehaltenem grünen Kärtchen für die Koalition mit der ÖVP stimmten, etwas vorweisen können. Und sich Debatten darüber, wie sehr sich die Grünen in der Koalition haben unterbuttern lassen, ersparen.
Doch da hat Kogler auch ein gutes Argument: Die ÖVP lässt den Grünen im Bund zwar oft wenig Raum. Aber in Wien warf die SPÖ die Grünen gleich ganz aus der Regierung – weil sich einige rote Bezirkskaiser über ein paar läppische Radwege echauffierten.
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