Kurz adressierte auch jene, die meinen, man solle doch die Älteren, die Risikogruppen, wegsperren, damit die Jungen normal leben können. Abgesehen davon, dass das praktisch nicht funktionieren würde, betonte der Kanzler: „So eine Gesellschaft wollen wir nicht sein“ – und appellierte erneut an den Zusammenhalt.
Bei der Frage, wann das alles vorbei sei, bleibt Kurz bei seiner Prognose: Er geht davon aus, dass es bald einen Impfstoff geben und man bis zum Sommer 2021 zum normalen Leben zurückkehren können wird. „Vor uns liegt eine sehr schwierige Zeit“, sagte er. Und: „Wir können, müssen und werden gemeinsam diese Zeit überstehen.“
Mit seiner Videobotschaft stimmte der Kanzler die Bevölkerung auf die bundesweiten Verschärfungen ein, die am Montag in einer Videokonferenz mit den Landeshauptleuten besprochen werden. Im Kern soll es – wie bereits angedeutet – um Beschränkungen des sozialen Lebens gehen.
Maßnahmen, die einzelne Länder bereits getroffen haben, könnten auf ganz Österreich ausgedehnt werden. Der Westen gilt hier als Vorbild. Der KURIER gibt einen Überblick, was möglich ist:
1. Frühere Sperrstunde in der Gastronomie
Vor drei Wochen haben die drei westlichen Bundesländer Salzburg, Tirol und Vorarlberg die Sperrstunde auf 22 Uhr vorverlegt. Der Erfolg dieser Maßnahme ist fraglich: Aktuell sind Salzburg und Tirol die Länder mit den höchsten Zahlen an Neuinfektionen in Relation zur Bevölkerung.
Die Opposition argumentiert, dass sich das Feiern in den privaten Bereich verlagere. Über den Bezirk Hallein sagte selbst Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) kürzlich: „Der private Bereich ist massiv betroffen.“ Dazu, wie viele Ansteckungen tatsächlich bei Partys passieren, die aus dem öffentlichen Nachtleben verdrängt wurden, gibt es noch keine aussagekräftigen Daten.
Dennoch: Die Sperrstunde könnte österreichweit fixiert werden – angepeilt wird dem Vernehmen nach 23 Uhr. Die Länder können freilich eine frühere ansetzen. Offen ist, ob diese nur für die Gastronomie oder auch für die Hotellerie gilt. In Salzburg und Vorarlberg dürfen Hotelgäste bis 1 Uhr in Hotelbars sitzen.
2. Registrierungspflicht für Gäste in Lokalen
Wien hat im September als erstes Bundesland die Registrierungspflicht eingeführt – als Gegenmodell zur früheren Sperrstunde. In Niederösterreich gilt die Registrierungspflicht in Bezirken mit oranger Ampelfarbe seit zwei Wochen. Vor dem Wochenende zogen Salzburg und Tirol – zusätzlich zur früheren Sperrstunde – nach. Am Dienstag folgt Oberösterreich.
Darüber, wie hilfreich die Registrierung beim Contact Tracing wirklich ist, gibt es noch zu wenig Erfahrungswerte, heißt es. Fraglich ist deshalb, ob eine bundesweite Vorgabe zum jetzigen Zeitpunkt wirklich notwendig ist.
3. Veranstaltungen nur noch mit fixem Sitzplatz
Salzburg und Tirol haben auch den Bereich der Veranstaltungen massiv eingeschränkt. Erlaubt sind nur mehr Veranstaltungen mit registrierten Sitzplätzen, und zwar maximal für 250 Personen (außer mit Sondergenehmigung).
Salzburg hat zudem Privatpartys in Kellern, Garagen und Scheunen untersagt und will stärker kontrollieren. Begräbnisse sind in Salzburg und Tirol nur mit maximal 100 Teilnehmern erlaubt. In Niederösterreich gelten strenge Maximalzahlen erst bei Ampelfarbe orange.
Bundesweit sollen die Besucherzahlen jetzt bei Veranstaltungen massiv heruntergesetzt werden. Details werden noch verhandelt. Dabei ist für den Kulturbereich die Besucherzahl entscheidend dafür, ob die Betriebe überhaupt offenhalten.
4. Kein Ausschank mehr bei Veranstaltungen
Was sich der Bund ebenfalls aus Salzburg und Tirol abschauen dürfte, ist das Ausschank-Verbot bei Veranstaltungen. Beim Verkauf von Speisen und Getränken würden sich gerade bei Sportveranstaltungen Schlangen und Menschentrauben bilden – ein Verbot sei sinnvoll, heißt es aus Verhandlerkreisen.
5. Pflicht, Mund und Nase ganz zu bedecken
Ein Verbot von Gesichtsschilden, insbesondere der viel kritisierten Kinn-Schilde, steht seit Längerem im Raum. Überlegt wird nun eine Pflicht, Mund und Nase vollständig zu bedecken – und das kann nur eine Maske.
Die Maskenpflicht könnte zudem auf Teile des öffentlichen Raums ausgedehnt werden, wo sich viele Menschen aufhalten.
Gemeinsame Linie gesucht
Und wie ist die Stimmung im Vorfeld der Sitzung? Kanzler Kurz telefonierte am Sonntag mit Vertretern der Länder, um "vorzusondieren", heißt es. Man sei um eine gemeinsame Linie bemüht.
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig wird mit Verstärkung von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (beide SPÖ) teilnehmen. Beide sind gegen die frühere Sperrstunde und argumentieren, dass sie im Westen bisher wenig gebracht habe.
In Kärnten, wo die Infektionszahlen in Relation zur Bevölkerung aktuell am niedrigsten sind (und so auch der Bedarf an Verschärfungen), pocht man zwar weiter auf „regionale, zielgerichtete Maßnahmen“. Bundesweite Regeln werde man aber mittragen, sofern Analysen belegen, dass es sie braucht, heißt es aus dem Büro von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ).
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