Morgen, Mittwoch, wird die zweite Nationalratspräsidentin und Ausschussvorsitzende Doris Bures ihren offiziellen Endbericht zur Razzia im Verfassungsschutz der Öffentlichkeit vorstellen. Der KURIER konnte vorab Einblick nehmen und das über 300 Seiten starke Dokument sichten.
Dessen Inhalt ist durchaus brisant: Gespart wird darin nicht mit Kritik am Umfeld von Innenminister Herbert Kickl (speziell an seinem Kabinettsmitarbeiter Udo Lett und Generalsekretär Peter Goldgruber), aber auch an der Justiz: die Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hätte „den enormen Schaden (...) abwenden können“. Sie hätte „ihren Ermittlungsdrang zugunsten von Objektivität“ zurücknehmen sollen.
In dem Bericht ist auch von „erheblichen Planungsmängeln“ der Razzia die Rede. Durch diese Fehler „kam es dazu, dass teils hochsensible (...) Daten im BVT sichergestellt wurden. Dazu zählten auch geheime Informationen ausländischer Partnerdienste, was zu erheblichen internationalen Irritationen führte.“
Eher entlastet wird hingegen die Sondereinheit EGS, die diese Razzia durchführte und für die der FPÖ-Gemeinderat Wolfgang Preiszler zuständig ist. Die EGS habe nur im Auftrag der Justiz gehandelt. Auch gab es im Verfassungsschutz und im Innenministerium Mängel, aber „nach den vorliegenden Beweisergebnissen konnte das Bestehen eines derartigen (schwarzen) Netzwerks nicht nachgewiesen werden“.
Die wichtigsten Erkenntnisse nach 312 Stunden U-Ausschuss im Detail:
Herbert Kickls Rolle
Herbert Kickl kannte seit Sommer 2017 das 39-seitige Konvolut, das die Ermittlungen ursprünglich auslöste. Dennoch habe er „keine weiteren Veranlassungen getroffen“ (wie etwa die Polizei informiert). Erst im Jänner 2018 wurde er als Innenminister aktiv. Und da war er stets im Bilde über die Aussagen der vier Hauptbelastungszeugen, die Goldgruber „organisierte“.
Druck aus dem Kabinett
In dem Endbericht wird Kritik an Goldgruber und Lett artikuliert: „Es kann aufgrund der Dichte und der Art ihres Auftretens (...) nicht von der Hand gewiesen werden, dass die Spitze des BMI versuchte, das Verfahren dahingehend zu beeinflussen, dass die WKStA mit gerichtlicher Bewilligung Hausdurchsuchungen im BVT durchführt.“ Extra betont wird, dass „das Kabinett/Generalsekretariat die WKStA in eine bestimmte Richtung drängen wollte und auch nicht über die Vorbesprechungen mit Zeugen informierte“.
Vier neue Zeugen, die Lett und Goldgruber der Justiz übermittelten, tauchen in einer derart brisanten Causa auf – und zwei Staatsanwälte stellen in der Vernehmung praktisch keine Fragen, obwohl die „Angaben unpräzise“ waren. Der Ausschussbericht meint, „mit etwas weniger Tempo“ der handelnden Personen in der WKStA wären die enormen Folgen der Razzia vermeidbar gewesen. Speziell in der Kritik ist dabei die aktführende Staatsanwältin Ursula Schmudermayer, die vor der Razzia via Internetsuche „ermittelte“.
Razzia im REX-Referat
Obwohl die BVT-Beamtin G. (Leiterin des Extremismusreferats) nur Zeugin ist, sichten fünf nicht sicherheitsüberprüfte EGS-Beamten – ohne Staatsanwalt – über mehrere Stunden rund 70.000 geheime Papiere bei ihr. 400 Mail-Ausdrucke werden mitgenommen, für das Verfahren wird am Ende ein einziger davon benötigt. Es ist ein elfzeiliges Mail. „Der Grund der (...) Durchsuchung im Büro der Leiterin des Extremismusreferats konnte (...) nicht nachvollzogen werden“, heißt es im Endbericht. Dennoch wurden digitale Beweismittel aus Neonazi-Fällen mitgenommen.
Das Fazit des Berichts: Es gab Hinweise darauf, dass sich „ÖVP-nahe Personen“ im Verfassungsschutz zusammengeschlossen haben, ein konkreter Hinweise für ein Netzwerk, dass „das gesamte BVT infiltriert“ hat, wurde nicht gefunden. Auch Hinweise auf eine „parteipolitisch motivierte Weitergabe von geschützten Informationen“ gab es nicht. Es ist aber „der Anschein von unsachlichen Postenbesetzungen entstanden“. In einem Fall könnten BVT-Infos in einem VP-Wahlprogramm verarbeitet worden sein.
BVT und Ibiza-Video
Untersucht wurde auch, ob das BVT bereits vor der Veröffentlichung von dem Ibiza-Video wusste: „Es liegen keine Hinweise vor, die eine derartige Theorie stützen würden.“
Der Bericht sieht es als gegeben an, dass Goldgruber von BVT-Direktor Peter Gridling wissen wollte, „wo im Rechtsextremismus verdeckte Ermittler eingesetzt werden“. Doch der Verfassungsschutz verweigerte diese Auskunft. Bemerkenswert ist aber, dass heuer im Bundeskriminalamt ein offenbra rechtsextremer Burschenschafter einen Ferialjob bekam.
Das Konvolut
2017 kursiert ein 39-seitiges Konvolut mit wilden Anschuldigungen gegen Spitzenbeamte im Innenministerium. Ermittlungen dazu werden von der Staatsanwaltschaft zunächst eingestellt.
Vier neue Zeugen
Kickls Kabinettsmitarbeiter Udo Lett und sein Generalsekretär bringen vier neue Zeugen. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) beantragt Hausdurchsuchungen im Verfassungsschutz (BVT) und Privatwohnungen.
Die Hausdurchsuchung
Am 28. 2. 2018 wird das BVT von der Einsatzgruppe für die Straßenkriminalität (EGS) gestürmt.
Die Strafverfahren
Fast alle Verfahren sind mittlerweile eingestellt.
Brisant: Der offizielle Endbericht zum BVT-U-Ausschuss
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