Bundesstaatsanwalt: Zadić verärgert Experten mit neuen Beratern
Seit Ende Mai berät eine Arbeitsgruppe im Justizministerium über den geplanten, neuen Bundesstaatsanwalt. Nun hat das Ministerium parallel zur Arbeitsgruppe ein zweites Gremium eingesetzt, ohne die bereits arbeitenden Experten darüber zu informieren. Das soll bei der letzten Sitzung der Arbeitsgruppe laut KURIER-Informationen für erhebliche Irritationen gesorgt haben.
Wofür der neue Beirat zuständig ist
Als zumindest „politisch ungeschickt“ wird das Vorgehen von Justizministerin Alma Zadić hinter den Kulissen bezeichnet. Man wisse immer noch nicht, welche Aufgabe der neue Expertenstab habe.
Das Justizministerium erklärt auf KURIER-Anfrage: Um der „großen gesellschaftspolitischen Bedeutung des Bundesstaatsanwalts möglichst breit Rechnung zu tragen“, habe Zadić „renommierte Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und der juristischen Praxis“ in den neuen „Beirat zum Bundesstaatsanwalt“ geladen.
Das Elder-Statesman-Gremium soll im persönlichen Austausch „die öffentlichen Berichte der Arbeitsgruppe“ begleiten. Zadić spricht von einem „breit gefächerten und regelmäßigen Dialog mit anerkannten Persönlichkeiten aus den verschiedensten Bereichen der Gesellschaft“.
Prominente Mitglieder
Zu diesen Persönlichkeiten zählen unter anderem der ehemalige Vizekanzler Clemens Jabloner, Ex-OGH-Präsidentin Irmgard Griss, die Verfassungsexperten Heinz Mayer und Bernd-Christian Funk oder Elisabeth Steiner, ehemalige Richterin des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Auch Elisabeth Steiner, ehemalige Richterin des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, die Korruptionsexperten Walter Geyer und Martin Kreutner sowie Werner Pleischl, ehemals Generalprokurator, gehören dem neuen Gremium an.
Zusammengefasst: Die Gremien sollen einander offenbar ergänzen, miteinander kommunizieren.
Worum es beim Bundesstaatsanwalt geht
Worum geht es eigentlich beim Bundesstaatsanwalt? Derzeit entscheidet noch die Justizministerin, in Kooperation mit einem Weisungsrat, ob nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ein Verfahren zur Anklage gebracht oder eingestellt wird. Die Diskussion, das Weisungsrecht stattdessen einem politisch unabhängigen Bundesstaatsanwalt zu übertragen, gibt es seit Jahrzehnten. Da – vor allem in den vergangenen Monaten – vermehrt (ÖVP-)Politiker in den Fokus der Justiz geraten sind, forderten zuletzt auch die Türkisen eine politisch neutrale Weisungsspitze.
Das Expertengremium im Justizministerium arbeitet an einem Lösungsvorschlag. Ende November hat das 27-köpfige Team bereits einen 14-seitigen Zwischenbericht an die Parlamentsfraktionen übermittelt. Der Bericht enthält „zu klärende Eckpunkte“.
Basis für Gesetz
Der Bundesstaatsanwalt soll demnach „durch den Bundespräsidenten“ ernannt werden – wobei noch zu klären sei, welche Kompetenzen die neue Weisungsspitze mitbringen muss. Klärungsbedarf besteht auch in der Frage, ob die Bundesstaatsanwaltschaft als „eigenes oberstes Organ“ oder als „unabhängige Dienststelle“ des Justizministeriums einzurichten ist. Zudem soll er der parlamentarischen Kontrolle unterliegen – in diesem Punkt war sich das Gremium uneinig. Die ÖVP hatte eine laufende Kontrolle durch einen Unterausschuss im Parlament gefordert. Viele Experten und die Grünen sind dagegen: Strafverfahren sollen erst kontrolliert werden, nachdem sie abgeschlossen sind.
Die Arbeitsgruppe soll schlussendlich ein fertiges Papier präsentieren, auf dessen Basis die türkis-grüne Bundesregierung einen Gesetzestext erarbeitet.
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