Die Ministerin wird’s verkraften – was sollen Oppositionsparteien auch sonst tun?
Doch die Pannen der letzten Tage schlagen sich bei Tanner mittlerweile empirisch zu Buche: Im APA-OGM-Vertrauensindex verlor sie im Vergleich zu Ende März/Anfang April satte 21 Punkte und hält nun bei einem Negativ-Saldo („Vertraue ich / vertraue ich nicht“) von 22 Punkten. OGM-Chef Wolfgang Bachmayer erklärt den „Totalabsturz“ damit, dass sie „vor und während der Erhebung nahezu täglich negative Schlagzeilen lieferte“ und dass ihr „ein guter Teil der ÖVP-Wähler nicht mehr das Vertrauen aussprach“.
Aber warum ist das so? Warum ist die erste Frau an der Spitze der Armee nach wenigen Monaten derart im Sperrfeuer? Und: Kann sie das politisch überstehen?
Auf die erste Frage gibt es keine einfache Antwort – zu vielfältig sind die Gründe.
Am leichtesten zu fassen ist dieser: Das Bundesheer ist nicht der Bauernbund.
Klingt banal? Ist es nicht. Während sich Tanner im Niederösterreichischen weitgehend von Mitstreitern umgeben wusste, ist sie im Verteidigungsministerium bisweilen auf feindlichem Terrain unterwegs – insbesondere, wenn es ums Geld geht.
Zwar wiederholt sie als Ressortchefin durchaus hartnäckig, dass man das Wehrbudget um zehn Prozent erhöht und beispielsweise der Miliz zusätzliche 200 Millionen Euro zugestanden habe. Am grundsätzlichen Befund der finanziell ausgehungerten Armee ändert das im Auge der Betroffenen aber nichts.
Zur Erinnerung: Das Wehrbudget steigt heuer auf 2,55 Milliarden Euro. In den folgenden Jahren soll es aber wieder sinken. Demgegenüber hat Tanners Vorgänger im Einklang mit dem Generalstab festgehalten, dass bis 2030 rund 5,6 Milliarden Euro nötig wären, um das Heer fit für die Zukunft zu machen. 5,6 Milliarden im Vergleich zu 2,55 Milliarden? Man muss kein großer Psychologe sein um zu verstehen, wie groß der Zorn im Ressort ist.
Stellvertretend für viele klagt der Präsident der Offiziersgesellschaft, Erich Cibulka, dass die Aufgaben der Armee nicht dem Budget angepasst werden dürften, sondern dass es genau anders herum seriös wäre: Zuerst definiert die Politik die Aufgaben, dann kommt dafür das Budget.
In diesem Punkt, so berichten Offiziere in vertraulichen Gesprächen dem KURIER, hat sich möglicherweise etwas getan. Denn nachdem die Kritik an Tanner nicht abreißen wollte, willigte die Gescholtene ein, genau das zu tun: In einem transparenten, vom Parlament begleiteten Dialog wird bis Weihnachten geklärt, welche Bedrohungen das Heer zu bewältigen hat – und was das kostet.
Die gute Nachricht lautet: Manch Experte ist überzeugt, dass die Bürger viel mehr Verständnis für ein höheres Wehrbudget hätte als die Politik wahrhaben will (siehe unten). Tanner müsste dann nur sagen: „Soviel Geld muss uns unsere Sicherheit jetzt eben wert sein!“
Ob es dazu kommt? Es ist naturgemäß offen. Aber zumindest ein Problem hat Klaudia Tanner dann nicht mehr: Ihr Schweigegelöbnis ist zu Weihnachten jedenfalls abgelaufen.
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