Familiennachzug: Streit zwischen Wien und Bund spitzt sich zu

Familiennachzug: Streit zwischen Wien und Bund spitzt sich zu
Wiens Vizebürgermeister fordert mehr Geld für Wiens Schulen vom Bund, Bildungsminister Polaschek zeigte sich entrüstet.

Der Familiennachzug belastet Wiens Schulen seit Monaten  - und führt zu einem Hickhack zwischen Bund und Stadt Wien, wer denn nun für eine Lösung der Probleme zuständig ist. Dieser Streit fand am Donnerstag seinen Höhepunkt. Nach einem ZiB2-Interview von Wiens Vizebürgermeister und Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) am Mittwoch kam es zu einem durchaus emotionalen Schlagabtausch zwischen ihm und Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP), die sich in Aussendungen nichts schenkten. 

Die Ausgangslage: Zu wenig Personal und viele Schüler mit mangelnden Sprachkenntnissen belasten das Bildungssystem massiv. Wiederkehr forderte darum erneut mehr Geld vom Bund. Im Büro des Bildungsministers herrschte am Tag darauf Entrüstung. Rund 40 Prozent aller Ressourcen für Deutschförderung würden bereits nach Wien fließen - nämlich 18, 7 Millionen Euro, was rund 231 Planstellen entspräche.  

"Im Schuljahr 2024/25 werden österreichweit mehr als 390 Planstellen als zusätzliches Lehrpersonalkontingent bereitstehen“, so Polaschek. Für Wien wären das 6,9 Mio. Euro mehr an Mitteln und 85 zusätzliche Planstellen.

Verantwortung abwälzen

Herausforderungen könne man nur gemeinsam stemmen, "das funktioniert aber nicht, wenn Vizebürgermeister Wiederkehr andauernd versucht seine politische Verantwortung auf den Bund abzuwälzen", so Polaschek. 

Die Antwort Wiederkehrs kurz danach war nicht weniger verärgert: "Wenn ein Bildungsminister nicht einmal weiß, was die Pflichtschulen brauchen, dann kann das für das Land nicht gut sein.“ Er widersprach nicht, dass der Bund diese Planstellen finanziert würde - er bewertete diese aber anders.  Sie entsprächen nur 21,5 Prozent der österreichweit bereitgestellten zusätzlichen Planstellen. Gleichzeitig trage Wien aber die Last, dass knapp 80 Prozent der Familienzusammenführungen in Wien stattfinden. 

Keine Mittel für 3.500 Schüler

"Aktuell bezahlt Wien hingegen die dringend notwendige Aufstockung der Schulsozialarbeit aus eigener Tasche, da bundesseitig der Deckel für die Kofinanzierung der Schulsozialarbeit nicht angehoben wurde“, erklärt Wiederkehr. Aufgrund der Deckelung bei der Mittelzuteilung für außerordentliche Schülerinnen und Schüler erhalte Wien aktuell für fast 3.500 Schülerinnen und Schüler mit Deutschförderbedarf keine Mittel. 

Unterstützung erhielt Wiederkehr von der Bundes-SPÖ: Es sei "denkbar absurd", dass das Geld entsprechend der jeweiligen Gesamtschülerzahl auf die Bundesländer aufgeteilt werde, obwohl der Familiennachzug überwiegend Wien betreffe. "Das ist, als würde man die Mittel für U-Bahnen auch auf ganz Österreich verteilen, obwohl es U-Bahnen nur in Wien gibt", so Integrationssprecher Christian Oxonitsch - einst selbst Wiener Bildungsstadtrat - in einer Stellungnahme gegenüber der APA.

Hausaufgaben haben beide gemacht - oder auch nicht

Die Hausaufgaben hätte man gemacht   - erklärten sowohl Polaschek als auch Wiederkehr, unterstellten dem jeweils anderen aber, dies nicht getan zu haben. Der Rat von Wiederkehr an Polaschek: "Ich erwarte mir vom Bildungsministerium rasch Unterstützung, die man auch als solche bezeichnen kann". Polaschek hingegen empfiehlt Wiederkehr, "endlich seine Rolle als Oppositionspolitiker zu verlassen, bei den Fakten zu bleiben und für seinen Tätigkeitsbereich die Verantwortung zu übernehmen". 

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