ÖVP-Staatssekretärin Eibinger-Miedl: "Sind in einem günstigen Zeitfenster"

Als Staatssekretärin sitzt die Steirerin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) im rot geführten Finanzministerium. Gemeinsam mit Markus Marterbauer hat sie die Herkulesaufgabe der Budgetsanierung zu stemmen.
KURIER: Staatssekretäre werden oft als Aufpasser für den Minister bezeichnet, wenn dieser einer anderen Partei angehört. Wie gut ist es Ihnen bis jetzt gelungen, auf den Finanzminister aufzupassen?
Barbara Eibinger-Miedl: Diese Zuschreibung ist mir natürlich bekannt. Meine Rolle habe ich aber nie so angelegt. Wir haben gemeinsam eine große Aufgabe zu bewältigen, nämlich die Budgetsanierung.
Seitens der ÖVP gab es gewisse Vorbehalte gegenüber Marterbauer wegen seiner linken ideologischen Ausrichtung. Wie funktioniert die Zusammenarbeit?
Ich bin unvoreingenommen hineingegangen, und wir haben auch sehr schnell einen guten Draht zueinander gefunden. Jeder von uns hat einen anderen Blickwinkel. Aber wir haben in der Arbeitsweise sehr gut zueinander gefunden.
Die Inflation ist auf 3,6 Prozent geklettert und ist weit höher als im EU-Schnitt. Warum bekommt die Regierung das Problem nicht in den Griff?
Haupttreiber ist der Energiebereich – deshalb setzen wir mit einer großen Strommarktreform, die beispielsweise einen Sozialtarif enthält, gezielt dort an. Gleichzeitig entlasten wir die Österreicher beim Wohnen durch die Mietpreisdeckelung. Weiters werden wir ohne Denkverbote genau hinschauen, welche Hebel man noch in Bewegung setzen kann.
Kommen wir zu den hohen Lebensmittelpreisen: Wie kann es sein, dass auf EU-Ebene österreichische Beamte sagen, es gebe keinen Handlungsbedarf im Zusammenhang mit den Preisaufschlägen für kleinere Länder, während Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer genau hier eingreifen will? Ich möchte nicht irgendjemandem im Wirtschaftsministerium etwas ausrichten. Was zählt, ist, dass sich der Minister dieser Sache ernsthaft annimmt und hier versucht auf europäischer Ebene Verbesserungen herbeizuführen.
Was kann man auf österreichischer Ebene tun?
Hier spielt eine Reihe von Faktoren hinein: die hohen Rohstoffpreise, die Personalkosten und nicht zuletzt die hohen Energiepreise. Ein Thema, das die Regierung schon intensiv bearbeitet hat. Auch die Wettbewerbsbehörde wird hier genauer hinschauen.
Unmittelbare Eingriffe in Preise, wie sie sich der Finanzminister vorstellen kann, schließen Sie aus?
Viele Experten weisen auf die Negativbeispiele auch in unmittelbaren Nachbarländern hin, wo solche Maßnahmen zu Versorgungsproblemen geführt haben. Daher sehe ich sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht als beste Lösung.
Und eine Reduktion der Mehrwertsteuer?
Das wäre eine Option. Da sagt der Finanzminister aber auch klar, dass wir uns das aus jetziger Sicht aus budgetären Gründen nicht leisten können.
Zuletzt hat Hattmannsdorfer eine Debatte zur Reduktion der Teilzeit angestoßen. Warum hat nicht die ÖVP in ihrer langen Regierungsverantwortung dafür gesorgt, dass die Rahmenbedingungen für Vollzeitarbeit günstiger werden? Beispielsweise durch Steueranreize.
Bereits Hattmannsdorfers Vorgänger Martin Kocher (ÖVP) hat das Thema angesprochen. Nun wurde die Debatte schnell sehr emotional geführt. Ich würde mir wünschen, dass man hier zu mehr Sachlichkeit kommt, sich die Fakten anschaut, analysiert und dann überlegt, wie wir mit unterschiedlichen Maßnahmen Anreize für Vollzeitarbeit setzen können.
Aber hat Sie die Emotionalität wirklich so überrascht? Schließlich arbeiten viele nicht aus Jux und Tollerei in Teilzeit. Sondern oft, weil sie Betreuungspflichten haben oder weil sie auf dem Arbeitsmarkt schlichtweg keinen Vollzeitjob bekommen.
Ja, denn genau diese Gruppe hat der Minister ja ausgenommen. Umso wichtiger ist es, dass man sich faktenbasiert ansieht, warum das in manchen Branchen so ist, anstelle mit dem Finger auf irgendjemandem zu zeigen.
Wo würden Sie denn konkret ansetzen?
Im Bereich der Steuern und Abgaben: Wie können wir die stufenweise Erhöhung so gestalten, dass wir mehr Leistungsanreize haben?
Auch innerhalb der ÖVP gibt es verschiedene Facetten. Generalsekretär Nico Marchetti ist für ein Recht auf Aufstockung bei Teilzeitkräften, die regelmäßig Überstunden machen. Hattmannsdorfer ist dagegen. Wie sehen Sie das?
Genau das zeigt, wie vielschichtig das Thema ist. Hinzu kommt, dass wir zu den Motiven für Teilzeitarbeit noch nicht überall die nötige Datengrundlage haben.

Barbara Eibinger-Miedl mit KURIER-Redakteur Josef Gebhard
Etwas ruhiger ist es zuletzt um die Förder-Taskforce geworden, die Sparpotenziale im Förderwesen heben soll. Wie ist der aktuelle Stand?
Hier wird jetzt auf der technischen Ebene daran gearbeitet, dass man für Bundesförderungen für die Zukunft einen klaren Rahmen hat, damit sie treffsicherer sind und es zu keinen Doppelförderungen kommt. Im kommenden Jahr wollen wir damit 150 Millionen Euro einsparen, 2029 bereits 800 Millionen Euro.
Aber müssten zur Vermeidung von Doppelförderungen nicht auch die Länder miteinbezogen werden?
Ich bin immer ein Freund davon, die Systeme umfassend anzuschauen. Gerade in dem Fall geht es uns aber auch darum, dass wir sehr schnell zu Ergebnissen kommen, die für das Bundesbudget relevant sind.
Im Zuge der Reformpartnerschaft sollen vor allem in den Bereichen Bildung und Gesundheit die Kompetenzen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden neu definiert werden. Welche Ideen haben Sie, zumal Sie ja auch die Landespolitik kennen?
Ich finde es positiv, dass wir über diese Themen so offen diskutieren können. Wir sind in wirklich guten Gesprächen. Es gilt aber, die ersten Zwischenergebnisse im Herbst oder Winter abzuwarten.
Solche Strukturreformen wurden ja schon öfter angedacht. Warum soll ausgerechnet jetzt tatsächlich etwas dabei herauskommen? Wir befinden uns gerade in einem günstigen Zeitfenster: Auf wirklich allen Ebenen besteht ein sehr hoher budgetärer Druck. Zweitens haben wir eine sehr breit aufgestellte Dreierkoalition. Und drittens stehen für einen längeren Zeitraum keine größeren Wahlen an.
Apropos Budget: Allzu gut scheinen die Maßnahmen noch nicht zu greifen – im ersten Halbjahr ist das Defizit im Vergleich zum Vorjahr von 13,6 auf 13,7 Milliarden im Jahr gestiegen. Wie kann das sein?
Die Regierung wurde im März angelobt, den Budgetbeschluss haben wir im Juni gefasst. Insofern war es schwer, bereits große und wirksame Maßnahmen für das erste Halbjahr umzusetzen. Die Reformen bei der Bildungskarenz und die Abschaffung des Klimabonus erfolgten etwa sehr rasch, wie viele Maßnahmen werden sie aber erst im zweiten Halbjahr greifen und dann auch für die Folgejahre positive Wirkung haben.
Das heißt, Sie sind zuversichtlich, dass sich das für heuer angepeilte Sparziel von 6,4 Milliarden auf jeden Fall noch ausgeht?
Wir werden alles daran setzen, dass das der Fall ist.
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