Unter- und Obergrenze
Die SPÖ will die Zinsgewinne "nicht länger akzeptieren" und plädiert für folgenden Markteingriff: Erstens soll es einen Mindestzinssatz von 3,25 Prozent für alle Menschen auf die ersten 5.000 Euro Sparguthaben geben. Das könnte das Giro- oder ein Sparkonto sein. Einschränkung: Die Regelung wäre nur auf ein Konto anwendbar, und zwar jenes, das im jeweiligen Kalenderjahr für Steuerzahlungen bei Finanzonline hinterlegt ist.
Zweitens plädiert die SPÖ wiederum für eine Zinsobergrenze bei Kontoüberziehungen. Diese soll bis zu einer Überziehung von 5.000 Euro bei maximal fünf Prozent liegen. Auch das soll nur für ein Konto pro Person gelten. Laut SPÖ wäre die Gewinnschmälerung "überschaubar". 2022 machte der Bankensektor 10,2 Milliarden Gewinn, so die Österreichische Nationalbank (OeNB). Durch die SPÖ-Zinsregulierung wären den Banken sieben Prozent des Gesamtgewinns, also 700 Millionen Euro, entgangen, rechnen die Roten vor.
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"Verzerrt Angebot und Nachfrage"
Wie beurteilen das Experten? "An und für sich sind Preisregulierungen schon möglich. Bei den Mieten gibt es sie in Österreich etwa für Altbauten, geförderte Mieten und den Genossenschaftsbereich", sagt WIFO-Experte Thomas Url zum KURIER. Der Bankenbereich sei bisher dem freien Wettbewerb ausgesetzt gewesen, denn Österreich verfüge über ein breites, funktionierendes Filialnetz.
Den SPÖ-Vorschlag bewertet der Experte deshalb eher skeptisch: "Preise haben eine marktregulierende Funktion: Wenn sie hoch sind, wird am Markt mehr angeboten, wenn sie niedrig sind, weniger. Je mehr man eingreift, desto mehr verzerrt man Angebot und Nachfrage. Deshalb ist es prinzipiell nicht gut, wenn man die Wirkung von Preisen außer Kraft setzt." Mit der Deckelung von Kreditzinssätzen würde Österreich jedenfalls die Geldpolitik der EZB konterkarieren, sagt Url: "Die EZB hat die Zinsen angehoben. Wenn Österreich sie jetzt senkt, wird das vielleicht dazu führen, dass die Kunden mehr kreditfinanzierte Ausgaben tätigen."
Der Bankensektor sei in Österreich bereits "stark reguliert", ergänzt WIFO-Chef Gabriel Felbermayr. "Es gibt Regeln gegen Zinswucher. Diese sind allerdings alt und man kann sicher über eine Modernisierung nachdenken", so Felbermayr. Natürlich müsse man jenen zielgerichtet helfen, die wirklich in Notlagen seien, aber: "Jetzt ad hoc die Kreditzinsen zu deckeln, hilft auch jenen, die das gar nicht brauchen und belohnt Spekulation."
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Loacker: "Schädigt kleine Banken"
Gerald Loacker kann über die Vorschläge nur noch den Kopf schütteln: "Österreichs Bankensektor ist im Unterschied zu Frankreich, Italien oder Deutschland klein strukturiert, mit vielen lokalen Banken. Die Vorschläge von Grünen oder der SPÖ werden genau diese kleinen Banken schädigen, die das Gröscherlgeschäft mit den Privatkunden machen" meint der Neos-Wirtschaftssprecher. "Nimmt man ihnen dieses Geschäft weg, geht sich das hinten und vorne nicht mehr aus. Dann haben wir am Schluss auch nur noch fünf große Banken und müssen den ganzen Sektor stützen, wenn eine in Schwierigkeiten gerät."
Den großen Banken wären die Eingriffe wiederum egal, so Loacker: "Der Privatkunde ist an und für sich nicht sehr interessant für deren Geschäft. Ihre großen Gewinne machen sie, wenn eine Kredit für den Neubau einer Fabrikhalle aufgenommen wird, nicht mit einem privaten Wohnbaudarlehen."
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