Selbst sind sie vor Tod und Krieg geflüchtet, jetzt bejubeln sie auf den Straßen Europas den Hamas-Terror, rufen „Tod Israel“ und verbrennen Fahnen: Geht es nach dem deutschen Vizekanzler Robert Habeck, riskieren Nicht-Deutsche so ihren Aufenthaltsstatus und „liefern einen Grund, abgeschoben zu werden“.
Das sagte der Grüne in einer viel beachteten Videobotschaft. So einfach ist es aber nicht. Der politische Wunsch, der auch in Österreich mittlerweile aus dem rechten wie linken Spektrum zu hören ist, stößt auf hohe rechtliche Hürden.
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Für das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) habe das Thema Straffälligkeit „oberste Priorität“ und werde „in jedem Verfahrensstatus umgehend berücksichtigt“, heißt es dort. Schon bei einer Anzeige kann ein Aberkennungsverfahren eingeleitet werden.
Tatsächlich aberkannt werden kann ein Asylstatus aber nur dann, wenn die Person wegen eines „besonders schweren Verbrechens“ rechtskräftig verurteilt wurde. Als solche gelten u. a. Tötungsdelikte, Vergewaltigung, bewaffneter Raub und Brandstiftung.
Der Brandanschlag auf den jüdischen Friedhof in Wien könnte in diese Kategorie fallen. Bei einer Pro-Palästina-Demo mitzumarschieren und antisemitische Parolen zu rufen, ist aber sicher zu wenig, erklärt Asylexperte Lukas Gahleitner-Gertz. Bei „Verhetzung“ und bei „Gutheißung terroristischer Straftaten“ drohen bis zu zwei Jahre Haft. Als „Verbrechen“ gelten Delikte erst ab drei Jahren.
Gefahr für die Allgemeinheit
Wenn jemand im laufenden Asylverfahren straffällig wird, kann ein „beschleunigtes Verfahren“ rascher zu einer Entscheidung führen. Geprüft wird auch, ob der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder die Sicherheit der Republik darstellt.
Aber selbst wenn der Schutztitel aberkannt bzw. verwehrt wird: Abschiebungen sind nur in „sichere Herkunftsländer“ möglich, betont Asylexperte Gahleitner-Gertz.
Anders formuliert: Dass jemand straffällig wurde und Österreich ihm daraufhin den Aufenthaltstitel streicht, heißt nicht, dass man ihn in ein Land schicken kann, in dem ihm Tod und Folter drohen. Palästinenser (die als staatenlos gelten), Syrer und Afghanen können derzeit generell nicht abgeschoben werden.
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Dulden statt abschieben
Was also passiert mit einem Straftäter, der nicht außer Landes gebracht werden kann? Er wird „geduldet“, hat keinen Zugang zum Arbeitsmarkt und ist auf eine Existenzsicherung des Staates angewiesen – eine Zwischenwelt“, die sozialen Sprengkraft in sich birgt. Aktuell befinden sich 1.315 „Geduldete“ in der Grundversorgung.
Eine langfristige Konsequenz, die viele Zuwanderer wohl unterschätzen: Behörden können die Einbürgerung ablehnen – dazu brauche es laut Gahleitner-Gertz nicht einmal eine Verurteilung, es reicht die Nähe zu einem Verein, der beim Verfassungsschutz aufschlägt.
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Strafrechtliche Prüfung
Der Hamas-Anschlag auf Israel ist erst einen Monat her – entsprechend dünn ist die Faktenlage, was die Vorfälle in Österreich betrifft.
Das Innenministerium verzeichnete bis dato 20 Strafanzeigen, 381 Verwaltungsstrafanzeigen, 47 Berichte zur Prüfung an Staatsanwaltschaften und zehn Festnahmen bei Pro-Palästina-Kundgebungen.
Diese werden derzeit auf ihre strafrechtliche Relevanz geprüft. Bis es erste Verurteilungen gibt, dauert es noch.
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