Habeck emotionalisiert und differenziert
Die Rede beginnt mit der Leitlinie, "Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson" – ein Satz, der drohe, zu einer Leerformel zu werden. Habeck erklärt, was er darunter versteht: Dass "die Sicherheit Israels für uns als Staat notwendig ist". Er berichtet von Gesprächen mit Juden in Deutschland, die sich fürchteten, ihre Kinder zur Schule zu schicken, und ihnen raten würden, die Kette mit dem Davidstern zuhause zu lassen – "und das fast 80 Jahre nach dem Holocaust in Deutschland", wiederholt Habeck immer wieder.
"Die Solidarität mit Israel wird rasch brüchig", warnt Habeck. Oft werde auf den Kontext des Krieges verwiesen. "Kontextualisierung aber darf hier nicht zu Relativierung führen." Antisemitismus sei in keiner Gestalt zu tolerieren. "Das Ausmaß bei den islamistischen Demonstrationen in Berlin und in weiteren Städten Deutschlands ist inakzeptabel und braucht eine harte politische Antwort."
Habeck differenziert: Kritik an Israel sei in Deutschland erlaubt, es sei nicht verboten, für die Rechte der Palästinenser und ihr Recht auf einen eigenen Staat einzutreten. "Jedes tote Kind ist eines zu viel, auch ich fordere humanitäre Hilfslieferungen nach Gaza." Aber der Aufruf zur Gewalt gegen Juden sei verboten. "Antisemitismus kann damit nicht legitimiert werden."
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Etwa drei Tage habe Habeck an seiner Rede geschrieben, zitiert die FAZ eine Quelle der Grünen.
"Exzellent" bis "historisch"
Die Medien waren voll des Lobes: "Wirklich exzellent" (stern), "historisch" (Bild), "staatsmännisch" (Focus), eine "Klarheit [...], wie es sich viele von den Politikern in diesen Ämtern gewünscht hätten" (Die Welt). Der Spiegel ortete einen "Neustart" für den Vizekanzler. Sogar die BBC berichtete von dem "emotionalen Video mit großer Wirkung".
Selbst politische Gegner fanden lobende Worte: Der ehemalige CDU-Vorsitzende Armin Laschet lobte die "argumentativ stark und gut begründete innen- und außenpolitische Haltung Deutschlands", die über alle Parteigrenzen hinweg gehört und unterstützt werden müsse. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte, "Robert Habeck hat bei diesem wichtigen Thema genau die richtigen Worte gefunden und den Ton getroffen".
Habecks Worte stoßen auch deswegen auf so viel Begeisterung, weil ein ähnlich emotionaler Vergleich fehlt: Kanzler Scholz äußerte sich bisher gewohnt technisch und kühl, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier distanziert und präsidentiell. Den Vorwurf, mit seiner Rede Koalitionspartner oder ranggleiche Parteikolleginnen ausstechen zu wollen (in drei Wochen treffen sich die Grünen zum Parteitag), will Habeck nicht gelten lassen. In den vergangenen Tagen habe er "genug Ruhe gehabt", sich mal Gedanken zu machen, "um die verworrene Debattenlage zu entwirren". Deshalb habe er dieses Video aufgenommen, einfach so.
Social-Media-Profi Habeck
Habecks rhetorisches Talent ist längst bekannt, er und sein Social-Media-Team wissen, wie sich der Grünen-Politiker in Szene setzen muss. Schon als Minister in Schleswig-Holstein feierten Schlagzeilen den "neuen, ehrlichen" Politstil, den der Schriftsteller mitbrachte. Man erinnere sich nur an sein Video zum Flüssiggasdeal mit Katar, in dem er sein innerliches Ringen öffentlich machte. Es folgten Lobeshymnen und ein Hoch in den Umfragewerten. Und ein tiefer Fall wenige Monate später.
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