Asyl: Etappensieg für rote Kritiker

Faymann schickte Ostermayer und Doskozil ins Parlament.
Weil Abgeordnete drohten, der Gesetzesänderung nicht zuzustimmen, wird sie doch begutachtet.

Stimmungswechsel können oft rasch gehen. Dienstag gegen 11.30 Uhr am Ballhausplatz: Kanzler Werner Faymann verteidigt seine Linie, warum die Verschärfung des Asylgesetzes ohne Begutachtung im Parlament durchgepeitscht werden soll – obwohl sich in der Wiener SPÖ, aber auch unter den SPÖ-Nationalratsabgeordneten heftiger Widerstand regt. "Nur wenn es rasch geht, kann man schon per 1. Juni an den Grenzen aktiv werden" , sagt Faymann. Um 15 Uhr hört sich ganz anders an. "Es wird eine Begutachtung von zehn Tagen geben", kündigt SPÖ-Klubchef Andreas Schieder an.

Was war in den Stunden dazwischen passiert?

Aussprache im Parlament

Nach dem Ministerrat wurden Kanzleramtsminister Josef Ostermayer und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil ins Parlament geschickt, um die widerspenstigen SPÖ-Mandatare – darunter sollen Ulrike Königsberger-Ludwig, Katharina Kucharowits, Nurten Yilmaz sowie die Bundesrätinnen Inge Posch-Gruska und Daniela Gruber-Pruner sein – auf Linie zu bringen. Doch die Mission missglückte. Zu der Besprechung kamen rund 15 der 52 SPÖ-Abgeordneten. "Drei Abgeordnete haben offen, ohne Maulkorb, ihre Bedenken geäußert. Ein neues Gesetz ohne Begutachtung ist für mich ein Wahnsinn. Wir wollen den Hilfsorganisationen die Möglichkeit geben, dass sie sich dazu äußern können", sagt Inge Posch-Gruska zum KURIER. Die SPÖ-Mandatare stoßen sich auch an dem Argument, dass die innere Sicherheit des Landes gefährdet sei. "Es geht um die Bilder, die man damit schafft. Angst macht schon eine andere Partei im Land, das sollten wir nicht auch noch machen."

Schnellverfahren

Die Regierung will ja auf Basis eines Gutachtens von Experten (siehe "Schärferes Asylrecht" unten) Schnellverfahren an den Grenzen einführen. Praktisch nur noch Flüchtlinge, die enge Angehörige in Österreich haben, sollen hierzulande ein Asylverfahren bekommen. Alle übrigen sollen an den Grenzen in die Nachbarländer zurückgeschickt werden. Möglich ist das, weil argumentiert wird, die öffentliche Ordnung bzw. die innere Sicherheit wäre gefährdet, wenn man für alle nach Österreich kommenden Schutzsuchenden ein Asylverfahren durchführen würde. Es geht dabei allerdings nicht nur um die Sicherheit im Land. Die Regierung argumentiert, man könne nicht weiterhin jährlich für 90.000 Asylwerber Wohnraum, Kindergartenplätze, Schulklassen etc. schaffen.

Trotz der Mini-Begutachtung von zehn Tagen dürfte das Gesetz wie geplant am 1. Juni in Kraft treten.

"Transparenz und Diskussion sind in diesem Fall sehr wichtig. Wenn es dadurch keine Verzögerung gibt, ist die Begutachtung auch für mich in Ordnung", sagt Doskozil zum KURIER.

Grundlage

Ein Gutachten der Juristen Obwexer und Funk bildet die Basis für die Verschärfung des Asylrechts. Eingebunden waren auch der Verfassungsdienst (Kanzleramt), das Völkerrechtsbüro (Außenamte) und die Rechtsabteilung des Innenministeriums. Die Novelle soll Schnellprüfungen ermöglichen. Nur noch Flüchtlinge, die enge Verwandte
in Österreich haben, werden ein Asylverfahren bekommen. Alle übrigen sollen direkt an der Grenze in die EU-Nachbarländer (Slowenien, Italien etc.) zurückgewiesen werden.

Beschluss

Ende April soll die Novelle im Parlament beschlossen werden, Anfang Juni soll sie in Kraft treten. Danach muss die Regierung im Einvernehmen mit dem Parlament (Hauptausschuss) noch eine Verordnung erlassen. Diese wird zeitlich befristet sein.

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