SPÖ und ÖVP sind sich bei einem Asylthema einig? Ja, das gibt's tatsächlich. Und zwar aktuell in der Frage, ob Asylwerber zur Arbeit verpflichtet werden sollen. Bei der Flüchtlingskonferenz der Bundesländer am Mittwoch kam es zu einem einstimmigen Beschluss unter den Landesräten. Zumindest unter den Anwesenden - aber dazu später.
Ausgangspunkt war ein Antrag des oberösterreichischen Landesrates Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP), wonach Menschen, die sich in einem laufenden Asylverfahren befinden, zu einer gemeinnützigen Tätigkeit verpflichtet werden sollen. Diese Option gibt es schon jetzt, allerdings auf freiwilliger Basis und gegen einen "Anerkennungsbeitrag" von maximal 110 Euro pro Monat.
Die Kärntner Roten bereiteten ebenfalls einen Antrag vor - in diesem wurde die Idee von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), wonach Asylwerber zu einem "Sozialjahr" verpflichtet werden sollten, aufgegriffen.
Fusion
Bei der Konferenz wurden schließlich die beiden Anträge fusioniert. Dem Vernehmen nach unter einer Bedingung: Die SPÖ-Vertreter waren gegen den Vorschlag der ÖVP, die Nicht-Teilnahme mit einer Kürzung der Grundversorgung zu sanktionieren. Die Grundversorgung beinhaltet ohnehin nur das Minimum für Wohnen und Verpflegung.
Der Kompromiss war ein gemeinsamer Antrag an das Innenministerium, das nun die rechtlichen Rahmenbedingungen prüfen soll. Die Sanktionsmöglichkeiten wurden offengehalten.
Vom Innenministerium hieß es bereits am Dienstag im KURIER-Gespräch, dass man das von den Oberösterreichern vorgeschlagene Modell prüfen werde.
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Hacker ist dagegen
Die "Einstimmigkeit" hat allerdings einen Schönheitsfehler: Vier der neun zuständigen Landesräte waren bei der Konferenz nicht anwesend und haben nicht mitgestimmt, nämlich jene von Wien, Niederösterreich, der Steiermark und Tirol. Wiens Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) etwa hätte dagegen gestimmt, wie sein Büro am Vortag wissen ließ.
Und am Mittwoch bekräftigte Hacker auf KURIER-Anfrage: "Wir werden Asylwerber sicher nicht zur gemeinnützigen Tätigkeit verpflichten." Der Rote ist "gegen Zwangsarbeit" und schlägt sich jetzt auf die Seite einer ÖVP-Landesrätin: Astrid Mair, Integrationslandesrätin in Tirol, kündigte an, mit "Onboarding-Stellen" für Migranten zu schaffen.
Die Freude von Initiator Hattmannsdorfer über den einstimmigen Beschluss wird dadurch nicht getrübt: "Es gibt ein klares Interesse daran, dass Asylwerber nicht untätig herumsitzen, sondern einen Beitrag zur Gesellschaft leisten – das soll auch die gesellschaftliche Akzeptanz erhöhen“, sagt er.
Höhere Tagsätze
Geeinigt haben sich Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und die Flüchtlingsreferenten auch auf eine Valorisierung der Kostenhöchstsätze für die Flüchtlingsbetreuung.
Für die Betreuung von unbegleiteten Minderjährigen werden derzeit Tagsätze von 95 Euro bezahlt. Dies soll auf 112 bzw. 130 Euro in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe (unter anderem mit einem besseren Betreuungsschlüssel) angehoben werden, teilte die burgenländische Flüchtlingsreferentin Daniela Winkler (SPÖ) bei einer Pressekonferenz mit Karner mit.
Für "Menschen mit Sonderbetreuungsbedarf", also Asylwerber mit Behinderungen, Kranke oder Pflegebedürftige soll der monatliche Kostenersatz von 2.480 Euro auf 3.360 Euro angehoben werden.
Realkosten
Das kürzlich vorgestellte neue Wiener Modell, das sich an Realkosten orientiert, wollen sich die Länder in den kommenden Monaten anschauen, so Winkler. Bei der nächsten Flüchtlingsreferentenkonferenz soll eine mögliche Ausweitung auf weitere Bundesländer Thema sein. Karner: "Ziel ist, dass sich auch andere Bundesländer diesem Modell anschließen." Allerdings habe man es mit einer komplexen Materie zu tun, die Situation sei in Wien und den anderen Bundesländern nicht die gleiche.
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