Asyl-Kosten für Länder sollen künftig der Realität entsprechen
von Sophie Bumberger
Vergangenen Herbst erreichten die Asylzahlen ein Rekordniveau. Gemeinden in Tirol und Vorarlberg sahen sich gezwungen, vorübergehend Zelte aufzustellen. Ein symbolischer Akt, bei dem es auch ums Geld ging, dass die Bundesländer für die Unterbringung von Flüchtlingen vom Bund erhalten.
Genau dieses Modell soll sich jetzt ändern. Wie? Das hat Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) am Freitag bei einer Pressekonferenz mit dem Wiener Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) und Sandra Mahr, Direktorin der Strategieberatung von EY, präsentiert.
"Österreich war zurückblickend ziemlich genau vor einem Jahr massiv belastet und zum Teil über der Grenze der Belastbarkeit, weil Schlepper die Situation in der Ukraine ausgenutzt haben", sagt Karner eingangs. Die Asylzahlen seien daraufhin dramatisch angestiegen und man habe entsprechende Maßnahmen gesetzt. So hätten etwa verstärkte Grenzkontrollen, wodurch die Routen von illegalen Schleppern gestört würden, bereits Erfolg gezeigt.
Asylanträge sinken: "Ein guter Trend"
Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum Jänner bis Juli wurden heuer um 35 Prozent weniger Asylanträge gestellt, nämlich 28.500. Der Innenminister sagt, das sei "ein guter Trend, ein richtiger Trend", das Niveau sei allerdings nach wie vor hoch. In Zusammenarbeit mit Bund und Ländern sei jedoch schon vieles gelungen. Für viele Menschen aus der Ukraine, denen "wir helfen wollen und helfen müssen, bis ihr Heimatland wieder sicher ist", habe man eine Unterbringung finden können, so Karner.
Das stelle Bund, Länder und die Gemeinden vor eine große Herausforderung - das Prinzip der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit müsse im Mittelpunkt stehen. Man wolle weniger Bürokratie, mehr Transparenz und eine gerechte Aufteilung der realen Kosten.
Pilotprojekt für die Kosten vulnerabler Gruppen
"Wir Bundesländer waren damals bereit, uns mit 40 Prozent aufgeteilt auf alle Bundesländern an den Kosten für die Unterbringung zu beteiligen", sagt Hacker. In manchen Ecken der Republik würden Organisationen zu den bestehenden Preisen ihre Bildungsarbeit, Kontrollarbeit, etc. nicht durchführen. Es könne nicht sein, dass Stadt oder Einrichtungen, die Leistungen erbringen, dazuzahlen müssen, sagt Hacker. Was ändert sich also?
Bisher seien die Kosten für Unterkunft, Betreuung und Verpflegung von geflüchteten Personen pauschal pro Person abgerechnet worden, erklärt Karner. Das ändert sich nun: Künftig soll die Abrechnungen den tatsächlich anfallenden Kosten entsprechen. Gestartet wird dabei in Wien mit vulnerablen Personen, zu denen etwa Kinder, Jugendliche, Beeinträchtigte und Menschen, die Betreuung brauchen, zählen. Den übrigen Bundesländern wurden in den letzten Tagen erste Informationen über das Projekt gegeben.
"Kosten sind bisher auch schon angefallen"
Mahr gibt dazu ein Beispiel: Der Kostenhöchstsatz für Kinder und Jugendliche laut Grundversorgungsvereinbarung liegt bei 95 Euro pro Tag. Wenn in einer Betreuungseinrichtung der reguläre Tagsatz für alle anderen Kinder 120 Euro täglich beträgt, hat das Land zwei Möglichkeiten. Entweder man zahlt nur 95 Euro, was schwer argumentierbar und aufgrund der Teuerung auch schwer umsetzbar ist, oder die Kosten werden aus einem anderen Budget gedeckt. In Wien wurde die Differenz bislang vom Fonds Soziales Wien oder der betreuenden NGO getragen. Es gebe jedoch auch Tarife, die unter dem Kostenhöchstsatz liegen, erklärt Mahr, auch dort werden die Kosten entsprechend angepasst.
Das "Pilotprojekt zur Kostentransparenz in der Grundversorgung" ist laut Karner auf eine Dauer von vier Jahren angesetzt und startet rückwirkend ab dem 1. Jänner 2023. Die Kosten von geschätzt sieben Millionen Euro im ersten Jahr deckt der Bund - dieser Beitrag entspreche einem Prozent der gesamten Ausgaben für die Grundversorgung. "Die Kosten sind bisher auch schon angefallen", so Karner, der betont, dass die Kosten nicht mehr werden. Heuer gilt das Projekt eben nur für vulnerable Gruppen, ab kommendem Jahr soll es auf alle anderen Gruppen ausgeweitet werden.
"Wollen diese Bilder nicht mehr sehen"
Mit der Maßnahme will man auch einer dringenden Empfehlung des Rechnungshofes nachgeben. Dieser hat bereits 2020 Kritik am System geäußert und die Empfehlung abgegeben, die Abrechnung transparent auf Basis der realen Kosten durchzuführen.
Gerade Jugendliche sollen außerdem besonders intensiv betreut werden. "17-jährige junge Männer müssen eng betreut und kontrolliert werden. Wir wollen Bilder, wie wir sie zu Halloween in Linz (Am 31. Oktober 2022 kam es in Linz zu Randalen unter Jugendlichen, Anm.) gesehen haben, nicht mehr sehen", betont Karner. Auch Obdachlosigkeit und Kriminalität soll damit vorgebeugt werden.
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