Arbeiten im Alter: Wie sinnvoll sind die Anreize der Regierung?

Es brauche Anreize, damit Pensionisten länger arbeiten: Noch am Montag hat das Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec (ÖVP) im KURIER gefordert. Sie wurde schnell erhört und präsentierte tags darauf ein Regierungspaket mit ÖVP-Klubobmann August Wöginger. Der sonderbare Umstand, dass die Grünen bei besagter Pressekonferenz fehlten, hat wohl keinen ernsten Hintergrund. Man habe Korosec gerne die Bühne überlassen, so lauten Sympathiebeteuerungen vonseiten der Grünen.
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Was wurde konkret verkündet? Im Kern geht es um mehrere Maßnahmen, damit Menschen über das gesetzliche Pensionsalter hinaus arbeiten. Bei Männern liegt dieses aktuell bei 65, bei Frauen bei 60 Jahren – und wird bis 2033 schrittweise auf 65 Jahre angehoben. Was sich jetzt ändert und wie Experten das Paket bewerten.
Zuschläge
Wer weiterarbeitet, obwohl er abschlagsfrei in Pension gehen dürfte, muss dennoch Pensionsversicherungsbeiträge bezahlen. Bis zur doppelten Geringfügigkeitsgrenze, also einem Einkommen von rund 1.100 Euro, entfallen diese Beiträge kommendes Jahr. Die PV-Beiträge entsprechen 10,25 Prozent des Verdienstes, die Maßnahme bringt jährlich rund 1.200 Euro. Sie gilt vorerst befristet bis Anfang 2025. Steuerfreibeträge wären „einfacher“ gewesen, kritisiert Peter Kostelka, Präsident des SPÖ-Pensionistenverbandes.
Bonus
Wer aktuell über das Pensionsalter hinaus arbeitet, erhält dafür jährlich einen Bonus von 4,2 Prozent auf die spätere Pension. Wer wiederum früher in Pension geht, muss Abschläge von 5,1 Prozent in Kauf nehmen. Dieser „Korridor“ gilt zwischen dem 62. und 68. Lebensjahr. Nun steigt auch der Bonus auf 5,1 Prozent – was Korosec schon länger fordert. Der Bonus von 4,2 Prozent sei „schon jetzt ganz ordentlich“, werde aber kaum ausgenutzt, sagt Ökonom Dénes Kucsera vom wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria: „Ein Jahr Arbeit nach dem gesetzlichem Pensionsantrittsalter zahlt sich finanziell genau so viel aus wie drei Jahre Arbeit vor dieser Altersgrenze.“ Eine Erhöhung bringe deshalb wenig, meint Kucsera. Das grundsätzliche Problem werde ohnehin nicht gelöst: „Eigentlich sollte man das Pensionsalter an die Lebenserwartung koppeln.“
Info-Offensive
Eine Frühpension wirkt sich stark auf spätere Pensionsbezüge aus. Ein Akademiker, der mit 68 statt 62 Jahren den Ruhestand antritt, bekommt rund 2.000 Euro mehr – und zwar monatlich. Wirtschaftsforscher verweisen regelmäßig auf diese Zahlen, bei der Bevölkerung kommen sie aber offensichtlich kaum an. Mit einem besseren Pensionskontorechner und „übersichtlicheren Darstellungen der voraussichtlichen Pensionshöhe“ will die Regierung nun gegensteuern.
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Härtefälle
Derzeit darf man während der Korridorpension dazuverdienen, wenn man die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschreitet. Wird diese überschritten, droht der Verlust des Pensionsanspruches. Eine Härtefallregel soll künftig dafür sorgen, dass das bei geringen Überschreitungen nicht passiert. Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker bilanziert deshalb: „Mit diesem Modell ist es lukrativer, mit 65 in Pension zu gehen und neben der Pension beitragsfrei weiterzuarbeiten, als weiterzuarbeiten und einen Zuschlag auf die Pension zu bekommen.“
Vollzeitarbeit
Eine kleinere Maßnahme soll es Teilzeitangestellten erleichtern, eine Vollzeitstelle in ihrem Betrieb anzunehmen. Wie? Wenn der Betrieb eine Vollzeitstelle ausschreibt, haben Teilzeitbeschäftigte künftig einen durchsetzbaren Rechtsanspruch auf rechtzeitige Information. Kommt der Betrieb dieser Vorgabe nicht nach, kann sich der Teilzeitbeschäftigten mit seinen Vorgesetzten anlegen und einen Schadenersatz von 100 Euro pro Monat geltend machen. Kosten ersetzt werden wiederum Betrieben, die Personen in Altersteilzeit beschäftigen.
Überstunden
Schon im September hat die Regierung verkündet, dass die Freibeträge auf Überstunden kräftig steigen – und zwar von 86 auf 120 Euro pro Monat. Die Sonderzulagen (SEG-Zulagen) steigen zudem auf 400 Euro.
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