Amtshilfe statt Razzien bei Behörden: Was steckt hinter dem Gesetzesvorhaben?

FACHGESPRÄCH ZU AMTSHILFE UND KORRUPTIONSERMITTLUNG: ZADIC
Experten machen gegen die Gesetzesnovelle mobil, weil diese Korruptionsbekämpfung behindern würde. Justizministerin Zadić verspricht Überarbeitung.

Seit Wochen gibt es einen Aufschrei unter führenden Justizexperten. Anlass für die Empörung ist ein Gesetzesentwurf, der  geplante Razzien im Behördenbereich beinahe verunmöglichen und durch Amtshilfe ersetzen würde. Justizministerin Alma Zadić nahm die Kritik auf und lud am Montag zahlreiche Experten zu einem runden Tisch. Allerdings gab es nach dem mehrstündigen Gespräch wenig  Konkretes zu berichten – außer, dass Zadić  versprach, den Gesetzesentwurf noch umzuarbeiten.

Was war der Auslöser für die Gesetzesnovelle?

Nach dem Skandal um eine  rechtswidrige Razzia  im BVT 2018 sah man akuten Handlungsbedarf. Denn die Folgen dieser Hausdurchsuchung waren massiv. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung  wurde von den ausländischen Geheimdiensten nicht mehr mit vertraulichen  Informationen versorgt, weil geheime Akten beschlagnahmt worden waren.

Zur Aufarbeitung hat der Nationalrat 2019 aufgrund eines Antrags der Neos die Bundesregierung aufgefordert, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, durch den sichergestellt werden soll, dass geheime Akten durch Razzien nicht mehr  den Weg an die Öffentlichkeit finden. Auch Innenminister Karl Nehammer betonte am Sonntag in der ORF-Pressestunde, dass es notwendig sei, dass Geheimdienstinformationen besonders zu schützen sind.
Der vorliegende Gesetzesentwurf, der nun kritisiert wird, sieht deswegen vor, dass der Amtshilfe gegenüber der sogenannten Sicherstellung  Vorrang zukommt.

Was ist der Unterschied zwischen Sicherstellung und Amtshilfe?

Die Sicherstellung ist eine Zwangsmaßnahme – ähnlich der Hausdurchsuchung. Wenn die Staatsanwaltschaft von einer anderen Behörde Unterlagen benötigt, hat sie grundsätzlich im Wege der Amtshilfe vorzugehen. Das heißt, die Staatsanwaltschaft stellt ein Ersuchen, dass ihr bestimmte Unterlagen für ihre Ermittlungen zu übergeben sind.

Bestes Beispiel: Als die Staatsanwaltschaft Wien das Handy von Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter im Verfassungsgerichtshof sicherstellen wollte, verwies  VfGH-Präsident Christoph Grabenwarter die Ermittler des Hauses und erklärte, dass eine Ausfolgung des Handys nur im Wege der Amtshilfe funktionieren kann.

Warum handelte der VfGH-Präsident hier so strikt? Mit der Durchführung der Sicherstellung wird den Beamten des VfGH unterstellt, dass sie im Wege der Amtshilfe rechtswidrig Unterlagen zurückhalten. Würde das aber ein Beamter tatsächlich tun, beginge er das Delikt des Amtsmissbrauchs. Insofern ist das Problem, das derzeit diskutiert wird, auch eine Frage des Vertrauens  unter den Behörden.

Verhindert die Gesetzesnovelle tatsächlich Hausdurchsuchungen bei Ministern und Sicherstellungen in Ministerien?

Nein. Denn wenn sich der Verdacht gegen den Behördenleiter richtet, wäre eine Sicherstellung und eine Hausdurchsuchung auch auf Basis der Novelle nach wie vor  zulässig. Eine Hausdurchsuchung, wie sie bei Finanzminister Gernot Blümel stattfand, aber auch die Sicherstellung im Finanzministerium wären weiterhin möglich.

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