SPÖ-Minister? Ex-ORF-Chef Wrabetz sorgt für Spekulationen

SPÖ-Minister? Ex-ORF-Chef Wrabetz sorgt für Spekulationen
Der heutige Rapid-Präsident war dreimal Generaldirektor des Öffentlich-Rechtlichen. In einer heiklen Phase nähert er sich der SPÖ wieder an.

Um Alexander Wrabetz ranken sich neue Spekulationen. Der Ex-ORF-Generaldirektor und Rapid-Präsident ist in Politik und Medien kein unbeschriebenes Blatt: Dreimal hintereinander ORF-Generaldirektor zu werden ist eine (haus-)politische Glanzleistung, die nicht einmal der legendäre Gerd Bacher geschafft hat: Um Generaldirektor zu werden, braucht man die Mehrheit im Stiftungsrat, der in diesen Fragen parteipolitisch organisiert ist. Der SPÖ-Mann Wrabetz schaffte hier stets Koalitionen über mehrere Parteien hinweg. In allen drei Fällen wählten ihn Stiftungsräte der drei Parteien SPÖ, Grüne und Neos. Einmal hatte er auch die blauen Stimmen auf seiner Seite. Die ÖVP verwehrte ihm zumeist* ihre Stimmen. 

Jetzt steigt Wrabetz in einer sensiblen Phase wieder in Medien und Politik ein: Er ist einer der SPÖ-Verhandler im Kapitel Medien.  Eine Annäherung an das Machtzentrum der Partei, von dem er seit den Werner-Faymann-Jahren entfremdet war.

SPÖ-Minister? Ex-ORF-Chef Wrabetz sorgt für Spekulationen

ORF-Stiftungsrat Heinz Lederer.

Der ORF ist im Verhandlerteam der SPÖ gleich zweimal vertreten

Gleich zwei ORF-Veteranen befinden sich damit im roten Verhandlerteam. Der zweite ist dem Vernehmen nach der langjährige SPÖ-Stiftungsrat und PR-Unternehmer Heinz Lederer. SPÖ-Medienpolitik ist schließlich auch immer ORF-Politik.  Die inhaltlichen Schwerpunkte in dem Bereich greifen mittlerweile auch für die Roten viel weiter, wie zu hören ist: Die SPÖ habe den „gesamten Medienstandort“ im Visier. Konkret: Nach der Einführung der ORF-Haushaltsabgabe sollen jetzt auch die privaten Medien wie Zeitungsverlage, Radios und TV-Stationen unterstützt werden.

Der ORF bekommt jährlich automatisch fast 700 Millionen Euro

Ein Themenbereich, den der Verlegerverband VÖZ immer thematisiert hat: Während der ORF automatisch jährlich fast 700 Millionen Euro durch eine Abgabe für alle Haushalte zur Verfügung hat, stehen immer mehr Verlage mit dem Rücken zur Wand, zumal in der Wirtschaftskrise viele Inserenten ausfallen.  Das Geld für eine höhere Medienförderung sollte vorhanden sein, denn die hierfür genutzte Digitalsteuer wirft mittlerweile einen dreistelligen Millionenbetrag ab. Die Digitalsteuer ist auf heimische Werbeschaltungen in internationalen Konzernen wie Facebook und Google abzuführen. Wie viel Geschäft die beiden Internetgiganten mittlerweile in Österreich machen, zeigen die Einnahmen der Digitalsteuer. Sie haben sich seit 2020 mehr als verdoppelt. Im ersten Jahr waren es 43 Millionen Euro, im Vorjahr waren es 103  Millionen Euro. Nur ein Fünftel davon fließt tatsächlich in die Medienförderung.

Wenn die SPÖ in die Regierung kommt, winkt wohl ein Ministeramt

Was Wrabetz angeht, führt die Verhandlertätigkeit wohl in eine potenzielle Ministerposition, vorausgesetzt, die SPÖ sitzt am Ende wirklich in einer Regierung. Ministrabel ist er als langjähriger Manager eines Milliarden-Unternehmens auf jeden Fall. Der ORF-Mann hätte etwa in einem Medien- und Kulturministerium ausgewiesene Kompetenz.  Politiker war er schon im ORF.

Wrabetz müsste sich auch um die Gremienreform im ORF kümmern

Aber auch im ORF gibt es große Fragestellungen, die am besten bereits in den Koalitionspakt einfließen müssen. Allen voran ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), der eine Reform des obersten ORF-Gremiums, des Stiftungsrates vorsieht. 
Dort sitzen aktuell 35 Mitglieder, davon 9 Ländervertreter, und parteipolitisch zugeordnete Räte. Die Mehrheit stellt jeweils die Kanzlerpartei. Alles, was hier angerührt wird, zieht politisch Schwierigkeiten nach sich: Den Ländern ihre Stiftungsräte nehmen? Realpolitisch kaum möglich. Die komfortable Kanzlermehrheit abgeben? Vom VfGH wird sie im Erkenntnis beanstandet, aber es ist nicht davon auszugehen, dass diese Macht kampflos aufgegeben wird. Das oberste ORF-Gremium ist bereits in der bestehenden Form eine Art 3D-Schach, eine Reform ist noch komplexer.

*Korrektur: In einer früheren Version stand, die ÖVP habe Wrabetz stets die Stimmen verweigert. 2011 kam es zu 5 Enthaltungen der ÖVP-Räte. 7 der ÖVP zuzurechnende Gremienmitglieder gaben Wrabetz ihre Stimme.

Kommentare