8 aus 9, oder: Alles außer Wien ist türkis - und auch das wackelt

Für Bürgermeister Michael Ludwig war das dürftige Ergebnis ein Schock.
Der Blick in die Länder zeigt das Ausmaß des türkisen Triumphs. Und das Jammertal der SPÖ. Auch das Burgenland und Kärnten sind für die SPÖ nun weg.

Die letzte rote Bastion - oder besser gesagt: die letzte Burg - ist das rote Wien. Hier liegt die SPÖ noch vorne. In allen anderen acht Bundesländern hat die SPÖ die Mehrheit verloren, zum Teil überraschend deutlich.

In Wien ist der Vorsprung der SPÖ vor der ÖVP auf nur noch 4 (in Worten: vier) Prozentpunkte geschrumpft. Vor wenigen Jahren noch wählten nur noch bürgerliche Ultra-Kernsegmente in Döbling, Hietzing und der City die ÖVP. Diese war einstellig, diesmal hat sie 24 Prozent der Stimmen erreicht. Die SPÖ verlor von 34% auf 28%. Das reicht noch für Platz eins, lässt aber die roten Granden vor der Wien-Wahl ordentlich schwitzen.

Aber vielleicht sind es mehr noch die Grünen, die mit 19% in Wien ein Mega-Comeback feiern und vor allem rote Stimmen absaugen. Und: Bis zu nächsten Bürgermeisterwahl in Wien spätestens im Herbst 2020 wird die Klimaproblematik noch nicht gelöst sein und die Temperatur weiter steigen. Der neue Reibebaum der SPÖ müssten daher die Grünen und nicht mehr der Erz-Rivale FPÖ sein, mit einem durchaus starken ÖVP-Gegenwind.

Anders gesagt: Die SPÖ führt nun einen Drei-Fronten-Wahlkampf und nicht mehr einen allein gegen die FPÖ. Der war mit der Warnung vor einem Bürgermeister Strache viel einfacher.

Zwei andere SPÖ-Hochburgen sind gefallen - und wie: Im Burgenland rutscht die SPÖ 9 % hinter die ÖVP zurück, und das vier Monate vor der Landtagswahl am 26. Jänner 2020 und einem erkrankten Landeshauptmann Doskozil. Die ÖVP mit Ex-ORF-Moderatorin Gaby Schwarz als Wirbelwind hat die Roten nun nach der EU-Wahl zum zweiten Mal en suite besiegt. Die FPÖ hat mit 18 Prozent hier sogar noch halbwegs reüssiert. Die Grünen spielen mit 7 % gar keine Rolle.

Und auch Kärnten ist weg. Ein Bundesland, in dem die ÖVP seit Jahrzehnten eine untergeordnete Rolle spielt. Diesmal ist auch hier alles anders:

Die ÖVP siegt mit 35 % und einem Rekordvorsprung von 9 % vor der SPÖ. Die Freiheitlichen erreichen in ihrem Kernland zwar noch 20 % und damit ihr im Bundesvergleich bestes Ergebnis, dennoch reicht es nur noch für Platz drei.

Am stimmenstärksten ist die ÖVP schon traditionell in Niederösterreich. Der Parteiapparat der ÖVP NÖ liefert mit 43% den weitaus größten Stimmenanteil zum Gesamtergebnis und dezimiert die SPÖ auf knapp über 20%, wo es massiv zu rumoren beginnt. Es gab - selbst unter dem mächtigen Landeshauptmann Erwin Pröll - Nationalratswahlen, bei denen in Niederösterreich die SPÖ vor der ÖVP gelegen ist. Der Absturz hier wirkt auf das Gesamtergebnis damit besonders. Auch in Niederösterreich bleiben die Grünen mit 10% unter ihrem Gesamtergebnis.

Besonders deutlich ist der Trend zur VP in den beiden größten Städten zu bemerken, die bei Nationalratswahlen immer SPÖ-Hochburgen waren: Sankt Pölten und Wiener Neustadt sind türkis. Sankt Pölten knapp, Wiener Neustadt deutlich.

Mit Spannung wurde das Ergebnis in der Steiermark erwartet, weil dort im November die vorgezogenen Landtagswahlen stattfinden. Hermann Schützenhöfer dürfte damit ein Coup gelungen sein, denn er führt gegenüber seinem Koalitionspartner, der SPÖ, mit 40:19. Interessant ist, dass bei FPÖ in der Steiermark knapp vor der SPÖ zu liegen kommt, die Verluste der Sozialdemokraten in ehemaligen Hochburgen der Mur-Mürz-Furche sind beträchtlich. Nur in Tirol und Vorarlberg sind die Blauen sonst noch vor der SPÖ.

Und in der steirischen Landeshauptstadt Graz waren erdrutschartige Verschiebungen im Gange. Die Grünen kamen auf Platz zwei hinter der ÖVP. Die SPÖ rutschte auf Platz drei ab.

Am einfachsten ist die Lage in den westlichen Bundesländern. Die ÖVP liegt in allen drei Westachsen-Ländern überlegen auf Platz 1. Tirol und Salzburg haben bundesweit die besten Ergebnisse eingefahren, wobei Salzburg knapp vorne ist.Die SPÖ ist in Tirol hinter der FPÖ, ausgerechnet im Bundesland des aufmüpfigen SP-Rebellens Georg Dornauer.

In Vorarlberg braucht sich Landeshaputmann Markus Wallner kaum Sorgen vor der Landtagswahlen in zwei Wochen machen, auch wenn er die Ergebnisse der Salzburger und Tiroler ÖVP nicht erreichen kann. Aber auch seine Gegner liegen mit Abstand hinter ÖVP.

 

Und in Oberösterreich, wo bei den letzten Landtagswahlen die FPÖ nahe an die ÖVP herangekommen ist, geht die Schere wieder deutlich auf. Die ÖVP liegt nun fast 20 Prozentpunkte vor der FPÖ. Auch wenn die ÖVP hier mit 37 % nicht an das Ergebnis des benachbarten Niederösterreich und auch nicht an das steirische Ergebnis herankommt. Die SPÖ liegt hingegen mit 22 Prozent vor ihren niederösterreichischen Kollegen.

 

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