40 Euro AUA-Flugticket? "De facto kein Mindestpreis"
KURIER: Sind Sie froh, dass Sie auch für erneuerbare Energie zuständig sind, jetzt, wo der Luftfahrt die Luft ausgeht?
Magnus Brunner: Man kann erneuerbare Energie, Luftfahrt und Innovation verschränken, indem man auf ökologische Maßnahmen setzt, wie wir das jetzt bei der AUA bewiesen haben.
Inwiefern wird die AUA ökologisch fliegen?
Es geht darum, Energieeffizienz auszunutzen und mittelfristig synthetisches Kerosin einzusetzen. Beginnen wird man erstmal mit Beimischungen.
Ehe das Wirklichkeit wird, will die Regierung einen 40-Euro-Mindestticketpreis einführen: Ist das in einer globalisierten, wettbewerbsorientierten Welt der Weisheit letzter Schluss und vor der EU haltbar?
Es ist de facto, auch wenn es so genannt wurde, kein Mindestpreis, sondern eine verpflichtende Weitergabe von Steuern und Abgaben. Wir haben ein erstes Konzept, von dem wir annehmen, dass es europarechtlich hält und im Herbst vielleicht schon umgesetzt werden kann.
Was Coronatests betrifft, so kommen derzeit die Flughäfen zum Handkuss. Müssten die Fluglinien stärker eingebunden werden – und beispielsweise mit dem Ticket gleichzeitig einen Test verkaufen?
Der Flughafen Wien arbeitet eng mit den Fluglinien zusammen und ist europaweit einer der wenigen Flughäfen, der über ein eigenes Test-Center verfügt. Sie dürfen nicht vergessen, dass im Ernstfall dank der Tickets – im Gegensatz zum Zug – nachvollziehbar ist, wer an Bord einer Maschine war.
Die Koalition hat sich darauf verständigt, dass Flüge wie Wien-Salzburg eingestellt werden sollen. Ökologisch sinnvoll, ökonomisch umstritten, da die Flüge meist der Weiterreise dienen, die AUA so Passagiere an ausländische Anbieter verliert.
Beim AUA-Paket war vorrangig, die Langstrecke, den Hub Wien und die Arbeitsplätze zu sichern. Das ist uns gelungen. Vereinbart ist, dass nur Strecken eingestellt werden können, bei denen es eine alternative Infrastruktur und eine Fahrtzeit von deutlich unter drei Stunden gibt. Und dann ist es immer noch eine betriebswirtschaftliche Entscheidung der AUA. Die ÖBB wird sich zu überlegen haben, wie die Verbindung Salzburg-Wien durch Eincheck-Möglichkeit in Salzburg attraktiviert werden kann.
Apropos attraktiv: Wie wollen Sie in der Wirtschaftskrise die Österreicher zu einem Umdenken und Investieren in erneuerbare Energie bringen? Und wann wird das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz endlich umgesetzt?
Noch im Juli wollen wir den Gesetzesentwurf in Begutachtung schicken und, um auf die Krise zu sprechen zu kommen: Genau jetzt ist die richtige Zeit, weil wir dadurch Arbeitsplätze erhalten, schaffen und, weil wir die Klimaziele erreichen müssen.
Bis 2030 soll Österreich zu 100 Prozent auf erneuerbare Energien setzen. Die Bevölkerung trägt das laut Umfragen auch mit. Doch immer, wenn es um das Aufstellen von Windrädern oder eine 380 kV-Leitung wie in Salzburg geht, kommt das große „Aber“.
Es stimmt, wir haben im Regierungsprogramm extrem ambitionierte Ziele festgelegt. Wenn man diese erreichen will, dann muss man alle Technologien vorantreiben. Dazu gehört Photovoltaik, Wind- und Wasserkraft, genau so wie Bioenergien und in Zukunft Wasserstoff. Wir müssen natürlich auch in Infrastruktur investieren, damit der Strom auch entsprechend transportiert werden kann. Wenn wir die Energiewende wollen, dann brauchen wir jede Kilowattstunde an erneuerbarem Strom, den wir produzieren können.
An wem scheitert es?
Ich bin optimistisch, dass wir unser Ziel erreichen. Nehmen Sie das 1-Million-Dächer-Programm bei Photovoltaik. Dächer sind nur das eine – Anlagen lassen sich auch bei Deponien, Tunnelportalen oder Lärmschutzwänden anbringen.
Die E-Auto-Quote ist in Österreich im einstelligen Bereich. Geht es nach Studien und Wissenschaft, müssten in zehn Jahren 60 bis 80 Prozent der Autos ohne klimaschädliche Abgase fahren. Wie soll das gehen?
Sie haben recht, es geht nicht nur um den Ausbau der Öffis, sondern auch um den Individualverkehr und hier auch um die so genannte letzte Meile. Um diesen zu verändern, müssen wir Technologie-offen sein, können uns nicht nur auf Elektroantrieb oder nur auf Wasserstoff konzentrieren, sondern wir brauchen alles, um umzusteigen.
Warum haben Sie sich als Dienstwagen für ein Wasserstoff-Auto entschieden?
Es soll ein Signal sein, um auf eine neue Technologie aufmerksam zu machen und den weltweit immer wichtiger werdenden Wasserstoff vor den Vorhang zu holen. Die größte Sorge bei der Mobilität ist der -Ausstoß und diese Technologie ist -neutral.
Österreich hat im Gegensatz zu Deutschland nicht einmal eine Wasserstoff-Strategie.
Bis 2030 wollen wir statt wie jetzt 5 schon 100 Wasserstoff-Tankstellen haben. Wasserstoff ist nicht nur in der Mobilität gefragt, er entwickelt sich immer mehr zu einem wichtigen Speichermedium in der Industrie. All das zu zeigen und darüber zu informieren, das ist jetzt unsere Aufgabe. Und auch Österreich wird eine Wasserstoffstrategie bekommen.
Eine-Million-Dächer, Wasserstoff und E-Mobilität: das klingt nach „überall ein bisschen und nichts wirklich gescheit“. Gibt es eine Priorität für mittelfristig Machbares?
Nein, wir müssen alles versuchen, weil wir sonst unsere Ziele nicht erreichen. Wir müssen auf Energiegemeinschaften genauso setzen wie auf den Ausbau des öffentlichen Verkehrs oder die Energiewende im Individualverkehr. Am Schluss wird der Markt entscheiden, welche Technologie wo besser ist. Im städtischen Bereich werden andere Technologien gefragt sein als im ländlichen, im Transportbereich anderes als im Individualverkehr.
Und die Bevölkerung überzeugen Sie dabei durch Förderungen?
Durch Aufklärung und ja, im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ist bis zu einer Milliarde pro Jahr an Unterstützungsvolumen vorgesehen.
Eine EU-Richtlinie sieht vor, dass Getränkeflaschen aus Kunststoff bis 2025 zu zumindest 77 und bis 2029 zu 90 Prozent getrennt gesammelt und recycelt werden müssen. In Wien kann ich de facto alles in den Müll werfen, in Niederösterreich gibt es den gelben Sack. Wie können wir die Quote erreichen? Durch Plastikpfand auf Flaschen?
Es geht nicht nur um die Plastikflasche. Es geht um Mülltrennung und Kreislaufwirtschaft. Im ländlichen Bereich erfüllen wir die Quoten teils schon, in Städten wie Wien noch nicht. Es muss daher ein Zusammenspiel zwischen Industrie, Handel, Politik und Bevölkerung werden. Ein – zugegeben – komplexer Prozess. Wir sollten aber nicht nur einen Teil herausnehmen wie Plastikflaschenpfand, sondern das Gesamte sehen und die Quote intelligent gemeinsam lösen. Und das am besten, indem weder Bevölkerung noch Handel belastet werden.
Das heißt nicht Glasflasche statt Plastikflasche, sondern Plastikflasche und Glasflasche?
…und Innovation wie Mehrwegplastikflasche.
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