Tschechen wählen Präsidenten
Die tschechische Präsidentenwahl ist „eine Wahl zwischen Schweinegrippe und Vogelgrippe”: Diese Worte des volltätowierten Künstlers Vladimir Franz, der selbst für das Amt kandidiert hatte, sind vielleicht etwas drastisch. Es scheint aber, als ob sich viele Tschechen bei der Stichwahl heute, Freitag, und Samstag zwischen den beiden Finalisten Ex-Premier Milos Zeman (68) und Außenminister Karel Schwarzenberg (75), nur schwer entscheiden können. Ein schmutziger Wahlkampf und Fehler auf beiden Seiten machen die Qual der Wahl nicht leichter.
"Hitparaden des Schmutzes"
Tschechische Medien sind voll von aufgelisteten Wahlkampf-„Lügen“ und „Hitparaden des Schmutzes“. Dazu gehört etwa der Vorwurf, dass in der Burg Hardegg von Schwarzenbergs Frau ein Bild von einem Hakenkreuz hänge. Als sich herausstellte, dass die Burg der Familie von Therese Schwarzenberg bereits seit fast 300 Jahren nicht mehr gehört, entschuldigte sich Zeman. Der Mitte-Links-Politiker kritisierte andernorts, eine Lehrerin habe das Schloss Cimelice in Böhmen nach der Rückgabe an die Familie Schwarzenberg verlassen müssen. Die 73-jährige wandte sich selbst an die Medien, um das richtigzustellen. Nicht die Schwarzenbergs sondern die Kommunisten hätten sie 1982 verjagt.
Schwarzenbergs Team sei nicht viel eingefallen, um wieder eine „Welle“ wie beim ersten Durchgang der Präsidentenwahl in Bewegung zu setzen, sagt der Politologe Josef Mlejnek von der Prager Karls-Universität. In der ersten Runde vor zwei Wochen sah man überall in Prag Menschen mit Ansteckern „Volim Karla“ (Ich wähle Karel). Der „Fürst“ war „in“. Doch mittlerweile scheint er in die Defensive geraten zu sein. „Zeman greift an, Schwarzenberg ist passiv.“
Für den Prager Alterzbischof Kardinal Miloslav Vlk wurde der Bogen allerdings überspannt. Die "schmutzige Kampagne von Halbwahrheiten und Lügen" gegen Schwarzenberg mache die Entscheidung leicht. Zur Wahl Schwarzenbergs gebe es keine Alternative, so der Kardinal.
Zeman sei berechenbarer
Zemans Anhänger dagegen fühlen sich nicht abgeschreckt. Mirek, ein etwa 40-jähriger Kellner in einem Bierlokal in Prag, schiebt die Schuld für die Entgleisungen dem Wahlstab zu. „Zeman wäre ein guter Präsident.“ Mirek ist überzeugt, dass der ehemalige sozialdemokratische Premier das Volk besser repräsentieren würde. „Schwarzenberg kann nicht einmal die tschechische Hymne. Und seine Frau spricht kein Wort Tschechisch.“ Eine große Rolle spielen für ihn außerdem die kritischen Aussagen Schwarzenbergs zum Thema Benes-Dekrete. Ein Aufheben der Dekrete kommt für ihn nicht in Frage.
Auch Ex-Präsidentschaftskandidat Vladimir Franz hat sich entschieden. Für die „Schweinegrippe“, wie er selbst sagt. Er gibt seine Stimme Zeman. Der sei berechenbarer.
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