Schwarzenberg zieht in die Stichwahl
Im bekannten Prager Theater „Archa“ herrschte am Samstag Jubelstimmung. Dort hatte sich Karel Schwarzenberg, den in Tschechien alle nur den „Herrn Fürst“ nennen, mit seinem Wahlkampfteam getroffen. Je mehr Ergebnisse hereinkamen, desto ausgiebiger wurde gefeiert – bis es schließlich kein Halten mehr gab. Denn der Außenminister hatte geschafft, womit kein Umfrage-Institut gerechnet hatte: Mit mehr als 22 Prozent der Stimmen schaffte er den Sprung in die Stichwahl. Sein Gegner: Der frühere sozialistische Premier Milos Zeman, der in der ersten Runde mit gut 24 Prozent nur ganz knapp vor Schwarzberg ins Ziel kam.
„Irdisches Paradies“
Spontan wurde im „Archa“ bei der Pressekonferenz die tschechische Hymne angestimmt. Der „Herr Fürst“ sang sie voller Inbrunst, dass er dabei nur wenigen Töne traf, sollte an diesem Tag zweitrangig sein. In einer ersten Stellungnahme bezog sich Schwarzenberg auf eine Passage der Hymne, wo das „irdische Paradies“ besungen wird: „Das irdische Paradies kann ich euch nicht versprechen, aber Stabilität und bessere Zeiten – speziell für alle Benachteiligten.“ Zugleich schoss er sich schon auf Zeman ein. Dieser sei ein Vollblut-Politiker, und es sei eine „Ehre, sich mit ihm zu messen“. Allerdings verkörpere der Sozialist die Vergangenheit.
Zeman konterte umgehend: „Ja, ich bin mit der Vergangenheit verbunden. Und Zeman ist wirklich ein Mann der Gegenwart.“ Damit spielte er auf die Rolle Schwarzenbergs als Vize-Premier in der aktuellen Regierung an, die eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für Lebensmittel und Medikamente sowie eine Pensionsreform mit Einschnitten durchgesetzt hat.
Politische Beobachter sprechen vom „Phänomen“ Schwarzenberg. Der 75-Jährige mit dem so typischen Nuscheln wurde zum Liebling vor allem der Jugendlichen und Intellektuellen – quer durch alle Lager. Speziell in den allerletzten Tagen vor dem Urnengang (Freitag, Samstag) gab es einen massiven Wählerrutsch.
Das Momentum ist jetzt auf jeden Fall auf seiner Seite. Viele gehen sogar davon aus, dass Schwarzenberg beim entscheidenden Votum in zwei Wochen die Nase vorne haben wird. In dieser Persönlichkeitswahl punktet er mit Emotion, Herz und Humor.
Ex-Premier fiel durch
Genau das fehlte dem knochentrockenen Jan Fischer, der 2009/2010 einer Experten-Regierung in Prag vorstand. Als Präsidentschaftskandidat fiel er entgegen den Prognosen glatt durch. Und auch von der traditionellen Parteipolitik hatten die Tschechen die Nase weit gehend voll: Der Kandidat der regierenden ODS-Partei, Premysl Sobotka, landete auf dem letzten Platz.
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