Neue Beweise für Chinas Gräueltaten gegenüber den Uiguren

Sie hatten es doch allen gesagt. Jene Millionen von Uiguren, einer muslimischen Volksgruppe aus dem Nordwesten Chinas, die in so vielen Teilen der Welt Zuflucht gesucht und davon berichtet hatten, wie ihre Angehörigen in der Heimat für vorgehaltene Vergehen in strengstens bewachten Umerziehungslagern verschwinden. Oder jene ehemaligen Häftlinge, die im Ausland Asyl erhielten und von Erniedrigung, Folter und Morden sprachen.
Seit spätestens 2016 soll die chinesische Regierung systematisch daran arbeiten, die Kultur der uigurischen Minderheit in der Region Xinjiang auszulöschen. Uiguren werden mittels Gewalt gezwungen, ihren Traditionen und ihrem Glauben abzuschwören, manche Frauen sogar zwangsweise sterilisiert, um die Geburtenrate niedrig zu halten. Gleichzeitig werden Chinesen aus dem Festland gezielt in der Region angesiedelt. In Peking wird das vehement geleugnet; so, wie es auch lange hieß, es gäbe keine Umerziehungslager.
Die Uiguren waren ursprünglich ein zentralasiatisches Turkvolk. Heute gibt es noch ca. 24 Mio. Uiguren, der Großteil davon lebt in Chinas Provinz Xinjiang. Sie sind mehrheitlich muslimisch, ihre Sprache ist mit dem Türkischen verwandt
Die Han-Chinesen stellen mit 1,3 Milliarden Menschen die mit Abstand größte und dominanteste Bevölkerungsgruppe in China. Seit Jahren werden die Han mithilfe wirtschaftlicher Anreize systematisch in anderen Landesteilen angesiedelt, etwa in Tibet oder in Xinjiang
Seit 2009, als bei Aufständen in Xinjiang rund 200 Han getötet wurden, geht Peking gezielt gegen „uigurischen Terror“ vor
Erst seit der britische Guardian im Herbst 2020 mittels Satellitenbildern mindestens 380 solcher abgelegener Gefängnisse nachweisen konnte, hieß es von chinesischen Offiziellen: Ja, man baue in Xinjiang massenhaft Einrichtungen, allerdings zur beruflichen Weiterbildung der mehrheitlich bildungsschwachen Uiguren.

Mehr als 380 solcher Umerziehungslager soll es in Xinjiang geben, darin etwa eine Million Uiguren inhaftiert sein.
Bilder aus den Lagern
Spätestens seit Dienstag ist auch diese Lüge widerlegt. Ein internationales Recherchenetzwerk, an dem unter anderem Journalisten des Spiegel und der BBC beteiligt waren, veröffentlichte Auszüge aus einem zehn Gigabyte großen Datensatz, in dem erstmals auch Fotos aus dem Inneren zweier Umerziehungslager enthalten sind.
Darauf sind etwa Gefangene zu sehen, die unterernährt sind oder klare Spuren von Schlägen aufweisen. Andere sind mit Armen und Beinen auf sogenannten „Tigerstühlen“ fixiert, die für Folter verwendet werden.
Doch in dem Datensatz finden sich auch penibel geführte Aufzeichnungen über tausende Gefangene sowie die angeführten Gründe für deren Inhaftierung. Einer Frau wird etwa die Organisation einer nicht angemeldeten Veranstaltung vorgeworfen – wofür sie zu 16 Jahren Haft verurteilt wurde.

Omer Bekali war einer der ersten Uiguren, die aus eigener Erfahrung von den Zuständen in chinesischen Umerziehungslagern berichteten. Er bekam in Deutschland Asyl.
Angehörige der Häftlinge, die von den Journalisten im Ausland besucht wurden, bestätigten die Echtheit der Angaben. Sie alle hatten seit Jahren nichts von ihren Verwandten gehört, wurden nie über ein Urteil informiert.
Ursprünglich wurde der Datensatz dem deutschen Anthropologen Adrian Zenz zugespielt, der 2018 erstmals das Ausmaß der Uiguren-Verfolgung in China in einer Studie festhielt. Die neuerlichen Beweise zeigen, so Zenz, dass es sich „um ein systematisches Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ handle. Und weiter: „Es geht darum, diese Menschen zu assimilieren, sie innerlich zu brechen, damit sie der Partei gefügig werden und vom Staat besser kontrolliert werden können.“
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