Luxusjachten, Villen, Privatflugzeuge, Gemälde, Bankkonten – seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine haben russische Oligarchen in der EU Vermögen im Wert von rund zehn Milliarden Euro verloren. Allein in Österreich wurden in den vergangenen drei Monaten Vermögenswerte in Höhe von 254 Millionen Euro gefunden.
Dieses Geld soll für den Wiederaufbau der zerstörten Ukraine verwendet werden, hofft EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen: „Wir sollten dafür jeden Stein umdrehen – wenn möglich auch russische Vermögenswerte, die wir eingefroren haben.“
Doch Vermögen der auf der Sanktionsliste der EU stehenden russischen Multimilliarde aufzuspüren und einzufrieren – das ist der vergleichsweise noch simple Teil.
Die Schiffe und Schlösser der Oligarchen einfach zu enteignen und verkaufen, ist unmöglich. „Das wäre ein Eingriff in die Grundrechte, der niemals durchginge“, schildert Europarechtsexperte Walter Obwexer dem KURIER.
Die EU-Kommission legte deshalb gestern einen Gesetzesvorschlag vor, wie eingefrorenes Vermögen trotzdem gesichert und dann in Richtung Ukraine umgelenkt werden könnte. So soll künftig EU-weit als schwere Straftat gelten, wer die europäischen Sanktionen gegen Russland unterläuft.
Vermögen überschrieben
Dazu zählt etwa schon der Versuch, die Luxusjacht aus europäischen in internationale Gewässer zu retten. Oder, wie es zuletzt in der Schweiz Düngemittel-Oligarch Andrei Melnitschenko gemacht hat: Er überschrieb Firma und Vermögen einfach seiner Frau Und eine Anklage stünde auch Igor Schuwalow ins Haus, wenn der vermeintliche Besitzer der Oligarchen-Villa am Attersee versuchen würde, seine Immobilie zu vermieten oder zu verkaufen.Künftig soll zudem auch schon der Verdacht ausreichen, dass ein Vermögen kriminell erworben wurde, um es zu beschlagnahmen. Von einer Enteignung ist aber auch hier nie die Rede. „Die EU ist eine Rechtsunion, und sie kann Eigentum nicht einfach nur entziehen, weil man jemanden vorwirft, indirekt am Krieg an der Ukraine beteiligt zu sein, weil man Putin nahe steht.“
Die erforderlichen Summen für die Ukraine wird die EU aus dem Zugriff auf russisches Oligarchen-Vermögen nicht zusammenbringen. Denn selbst wenn die Oligarchen die EU-Sanktionen umgingen und dafür verurteilt würden, „kann nur Gewinn abgeschöpft werden oder es erfolgen Strafzahlungen. Aber das ganze Vermögen kann nicht entzogen werden“, sagt Obwexer.
Ein "Freikauf-Angebot"
Kanadas Finanzministerin Chrystia Freeland ließ indes in der Vorwoche aufhorchen. Einige russische Oligarchen hätten bei ihr angerufen und einen Vorschlag gemacht: Sie seien bereit, einen Teil ihres Vermögens an den Westen abzutreten – dafür wollten sie von allen Sanktionslisten gestrichen werden. Großer Vorteil solch eines Deals: Der Westen würde sich einen jahrelangen, mühsamen Rechtsstreit über Enteignung russischen Eigentums ersparen.
Weil so ein Deal aber in weiter Ferne ist, hat die EU auch die eingefrorenen Währungsreserven der russischen Zentralbank im Blick – es könnten bis zu 300 Milliarden Euro sein. Die Hürden, dem russischen Staat diese Summen abzunehmen, gelten als weitaus geringer als bei den Oligarchen.
Obwexer: „Man kann einen Staat völkerrechtlich für Kriegsverbrechen verantwortlich machen. Die EU würde diese entzogenen Mittel dazu verwenden, um den Wiederaufbau zu finanzieren.“
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