Ukraine: Wer zahlt für die Mega-Operation Wiederaufbau?

Zerstörter Wohnblock in der ukrainischen Stadt Mariupol
Ganze Städte in Schutt und Asche, zerstörte Industrieanlagen, kaputte Häfen, Straßen, Eisenbahnlinien, Häuser, Wohnblöcke – an die 1.000 Milliarden Euro werde es kosten, die Ukraine nach Kriegsende wieder aufzubauen, schätzt der ukrainische Außenminister Kuleba. In Brüssel geht man von „mehreren hundert Milliarden Euro“ aus, gibt aber zu bedenken: Solange der Krieg dauere, seien die Kosten noch gar nicht abschätzbar.
Wer wird diese gewaltigen Summen aufbringen?
Die mit Abstand umfangreichste Hilfe bieten die USA: Soeben hat der Kongress ein weiteres Finanzpaket in Höhe von 40 Milliarden Dollar (38 Mrd. Euro) freigegeben – die eine Hälfte davon entfällt auf Waffen und Verteidigung, die andere auf zivilen Aufbau. Insgesamt beläuft sich die Unterstützung der USA für die Ukraine seit Kriegsbeginn damit bereits auf 54 Milliarden Dollar (51 Mrd. Euro).
Wie viel wird Europa zahlen?Was die EU derzeit vorbereitet, beträgt nicht einmal ein Drittel der US-Summe.
Vier Milliarden Euro sind der Ukraine bereits zugesagt, ein weiterer, „langfristiger Kredit mit niedrigen Zinsen“ von neun Milliarden Euro ist in Vorbereitung, gab EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen diese Woche bekannt. Diese Hilfe dient aber nur dazu, den ukrainischen Staat im Krieg vor dem Zusammenbruch zu bewahren.
Kann das Geld russischer Oligarchen oder anderes russisches Vermögen für die Ukraine-Hilfe verwendet werden?
Denkbar ist die Beschlagnahme des auf westlichen Konten gelagerten Vermögens der russischen Zentralbank – 143 Milliarden Euro. Dies deutete zumindest Deutschlands Finanzminister Christian Lindner (FDP) an.
Viel schwieriger wird es beim Geld der russischen Oligarchen. Ihre Vermögen in Europa sind zwar eingefroren – aber weiterhin im Privatbesitz. Die Oligarchen einfach zu enteignen, ist rechtlich (noch) nicht möglich. In der EU-Kommission in Brüssel arbeitet man aber bereits daran, die gesetzlichen Grundlagen für Zugriff auf die russischen Oligarchen-Milliarden zu schaffen.
Wie viel Geld braucht der ukrainische Staat, um die nächsten Monate zu überleben?
Der Krieg zwingt die Wirtschaft des Landes in die Knie, das BIP wird heuer um mindestens ein Drittel, wahrscheinlicher aber sogar um die Hälfte sinken. Die Steuereinnahmen werden um bis zu 80 Prozent einbrechen. Dennoch müssen Gehälter, Pensionen, Sozialhilfe, Gesundheitssystem, Reparaturen und Programme weiter bezahlt werden. Monatlich braucht die Ukraine deshalb rund fünf Milliarden Euro von außen. Mit den Hilfen aus den USA, der EU, Großbritannien, Kanada, also den G-7-Staaten und dem Internationalen Währungsfonds dürfte der Erhalt des ukrainischen Staates zumindest bis Jahresende gesichert sein. Viele dieser Hilfen sind nicht rückzahlbare Darlehen.
Und wie werden die mehreren hundert Milliarden Euro, die für den Wiederaufbau benötigt werden, zusammenkommen?
Die Summen, die die Ukraine brauchen wird, übersteigen den Rahmen, den die EU bieten kann.

Brüssel bereitet deshalb eine Plattform vor, die alle internationalen Hilfsgelder sammelt und dann über deren Verwendung entscheidet. Was es nicht geben wird: Erneute, gemeinsame Schuldenaufnahme der EU-Staaten, um die Milliarden für die Ukraine aufzubringen. „Die EU hat ein strategisches Interesse daran, beim Wiederaufbau eine Führungsrolle zu spielen“, sagt von der Leyen.
Muss die Ukraine irgendwelche Bedingungen erfüllen, um an diese Hilfe zu kommen?
Ja – die Kommission will die Hilfen an politische und wirtschaftliche Reformen in der Ukraine knüpfen. So soll Korruption verhindert und die Ukraine näher an die EU herangeführt werden.
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