Vor neun Jahren galten sie großen Teilen der malischen Bevölkerung als Helden im Kampf gegen islamistische Milizen, vergangenen Montag verließen die letzten französischen Soldaten der Anti-Terror-Mission „Barkhane“ Mali. Gleichzeitig darf die deutsche Bundeswehr, die unter anderem an der UN-Mission MINUSMA beteiligt ist, keine Militärflugzeuge mehr für den Transport einsetzen, die „EU-Trainingsmission Mali“ (EUTM-Mali), an der auch Österreich beteiligt ist, wurde personell drastisch reduziert.
Ein Grund, warum die zahlreichen Missionen europäischer Institutionen – militärische wie zivile – entweder vorzeitig beendet wurden oder aber überdacht werden, ist der steigende Einfluss Russlands auf die malische Militärregierung. Mit verhältnismäßig geringem Aufwand schaffte es der Kreml, über Jahre aufgebaute europäische Initiativen zu zerstören oder zu destabilisieren. Als Werkzeug dafür dient die „hybride Kriegsführung“, die Lehrbücher nennen vier Phasen dieser Einsatzart: Voraussetzungen für Einfluss schaffen, diesen ausüben, später Destabilisierung und schließlich das Niederringen des Gegners. Auf Mali zugeschnitten hat Russland seine Ressourcen gezielt eingesetzt:
Greife auf bereits bestehende Kanäle zurück
Schon Malis erster Präsident, Modibo Keïta, hatte nach der Unabhängigkeit im Jahr 1960 enge Beziehungen zum Kreml aufgenommen und Tausende von Studenten und Offiziersanwärtern zur Ausbildung in die Sowjetunion geschickt. In den vergangenen Jahren fuhr Russland seine Waffenlieferungen an Mali langsam aber sicher wieder hoch. Gleichzeitig sorgte es auf malischer Seite für Unverständnis, dass Soldaten, die im Zuge der EUTM-Mali ausgebildet wurden, von Europa weder Waffen, noch Munition erhielten.
Biete etwas, das andere nicht bieten können
In den neun Jahren des französischen Engagements in Mali starben 59 französische Soldaten, die Sicherheitslage verschlechterte sich aufgrund fehlender Erfolge drastisch, islamistische Gruppierungen sind auf dem Vormarsch, breiten sich von Mali nach Burkina Faso und Niger aus. Die durch Putsche an die Macht gekommene Militärjunta sah sich nach einem anderen Partner um – und fand ihn in Moskau. Seit etwa einem Jahr sind russische Söldner – auch Kämpfer der „Gruppe Wagner“ – im Land, gehen gemeinsam mit den malischen Soldaten ins Gefecht – und dürften auch bei Kriegsverbrechen wegsehen. Hunderte Zivilisten sollen etwa im Frühling in einem Dorf umgebracht worden sein. Im Feld verbuchen die Truppen punktuelle Erfolge gegen islamistische Rebellen.
Beherrsche die Informationsfront
Kreml-nahe Medien bezeichneten das französische militärische Engagement in Mali lange als „Fassade“ – eigentlich wolle Frankreich nur die Uranvorkommen in der Sahelzone ausbeuten. Gleichzeitig ist der russische Nuklear-Gigant Rosatom in der Sahelzone auf dem Vormarsch. Der Vorwurf, Frankreich betreibe „Neokolonialisierung“, blieb jedoch hängen. Seit einem Jahr vermehren sich die prorussischen Medienkanäle in Mali stetig. Immer mehr Menschen demonstrierten mit Russland-Flaggen gegen die französische Präsenz, Fotos dieser Demonstranten wurden vielfach im Netz geteilt. Prorussische Gruppen sprachen 2019 von „Acht Millionen Unterschriften für eine Kooperation zwischen Mali und Russland“, die sie gesammelt hätten.
Ernte die Früchte Deiner Arbeit und säe nach
Am Bruch zwischen Mali und Frankreich selbst musste Russland nicht stark aktiv mitwirken – die Grundlagen dafür waren bereits geschaffen. Knapp vor dem Abzug des letzten französischen Soldaten präsentierte der malische Verteidigungsminister neue Kampfflugzeuge aus Russland und lobte Moskau als starken Partner.
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