„Wenn bei unserem Widerstand ein Kommandant zum Märtyrer wird, übernimmt ein anderer das Banner mit Kraft und Entschlossenheit“, sagte Hashem Safieddine beim Begräbnis eines Hisbollah-Terroristen im Juli. Nun dürfte er demnächst seinen Cousin Hassan Nasrallah beerben und Generalsekretär der Hisbollah werden.
Begräbnisse und Märtyrer-Plakate wurden zum Verhängnis
Wie entschlossen er wirklich ist, ist unklar – doch er wird eine Organisation übernehmen, die in ihren Grundfesten erschüttert ist. Und während sich neben den Berichten über eine mögliche israelische Bodenoffensive ebenso häufen wie die israelischen Panzer an der Waffenstillstandslinie zum Libanon, bleibt die Frage, wie kampffähig die Hisbollah noch ist. Recherchen der Financial Times zufolge öffnete der Einsatz von Hisbollah-Kämpfern im syrischen Bürgerkrieg nicht nur Tür und Tor für israelische Spione.
Auch die Begräbnisse und „Märtyrer-Plakate“ in Syrien gefallener Hisbollah-Kämpfer, die in zahlreichen Dörfern hängen, versorgten die israelischen Geheimdienste mit vielen Informationen, die zu jener beispiellosen Kampagne führten, die seit der Tötung des Hisbollah-Kommandanten Fuad Schukr im Libanon stattfindet.
Massive Überwachung
Auf Begräbnissen verfolgten Drohnen die Bewegungen von Hisbollah-Kommandanten, in sozialen Netzwerken wurde genau beobachtet, wer welche Nachrufe teilte. Dazu kam, dass die Hisbollah mit dem syrischen Geheimdienst zusammenarbeiten musste, der nach Auffassung von Experten um einiges durchlässiger ist als andere. Zusätzlich setzen die israelischen Geheimdienste seit geraumer Zeit auf akribische Aufklärungsmissionen und Datenauswertungen.
Die Einheit 9900 etwa analysiert bereits seit Jahren mit Hilfe von künstlicher Intelligenz täglich Terabytes an Daten. Sobald laut dem Bericht der Financial Times ein Hisbollah-Mitglied identifiziert ist, kommen er und seine Bewegungsdaten, Vorlieben, Verwandten etc. in eine große Datenbank. Werden Mobiltelefone in seinem Umfeld gehackt und angezapft. Von im Libanon aufgestellten Überwachungskameras oder Sprachsteuerungssysteme von modernen Fernbedienungen ganz zu schweigen.
85 Tonnen an Bomben
Die Kombination aus Informationen aus dem inneren Kreis der Hisbollah, den Auswertungen der Aufklärungsergebnisse und der Tatsache, dass sich Hassan Nasrallah scheinbar im 50 Meter tiefen Bunker unter dem Hisbollah-Hauptquartier sicher fühlte, führte dazu, dass am Freitag eine Staffel F-15I-Kampfjets ihre tödliche Last über der Hisbollah-Hochburg Dahija abwarf. Laut israelischen Quellen waren es 85 Tonnen an Bomben, die Nasrallahs Schicksal besiegelten.
Und die Liste der getöteten Terroristen wird nach wie vor Tag für Tag länger: Am Montag starb mit Fatah Scharif Abu al-Amin der Hamas-Chef im Libanon, später meldete Israel die Tötung des Chefs der „Volksfront zur Befreiung Palästinas“, Nadal Abdel-Alel sowie den Tod eines weiteren Hisbollah-Kommandanten.
Noch ist nicht klar, ob Israel seine Bodenoffensive starten wird. Am Montag kündigte der libanesische Premier Najib Mikati an, die libanesischen Streitkräfte in den Süden des Libanon zu schicken, um „die Resolution 1701 umzusetzen“. Dies würde auch bedeuten, dass die Hisbollah entwaffnet werden soll. Ob diese das toleriert, darf bezweifelt werden.
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