Das Raketenarsenal der Hisbollah wird eine Bedrohung für Israel bleiben
Für einige Israelis steht fest: Marschierte man jetzt in den Südlibanon ein, könnte man die Gefahr durch die Hisbollah eindämmen. Das Arsenal würde sonst nur wachsen.
„Und als Vergeltung (…) beschoss der islamische Widerstand das Hauptquartier der „Hermon“-Brigade in der „Ma'ale Golani“-Kaserne mit einer Falaq-1-Rakete“, meldeten die Propagandakanäle der schiitischen Terrororganisation Hisbollah am Samstag. Zu diesem Zeitpunkt waren die zwölf Kinder und Jugendlichen bereits tot. Beim Spielen durch eine Rakete zerfetzt. Durch eine Falaq-1-Rakete, wie Trümmerteile zeigen.
Die Hisbollah wies die Schuld von sich – doch gerade der Einsatz der im Iran hergestellten Falaq-1 zeigt, dass die Organisation zumindest indirekt Verantwortung trägt. Die Hisbollah ist die einzige Macht im Libanon, die diese Raketen von der Islamischen Republik bekommt. Seit Jahren bestehen direkte Lieferrouten zu Land von Teheran bis Beirut, doch bereits davor belieferte der Iran die Hisbollah mit Waffen – sei es per Flugzeug oder per Schiff.
Und das in rauen Mengen: Im Gegensatz zur libanesischen Armee verfügt die Hisbollah über ein beachtliches Raketenarsenal von bis zu 200.000 Stück, obwohl dies eine entsprechende UN-Resolution verbietet. Dabei ist die Falaq-1 gemessen an ihrer Sprengkraft verhältnismäßig harmlos im Gegensatz zu anderen Raketen, die Teheran lieferte: Hat die Falaq-1 eine Reichweite von elf Kilometern und einen 50-Kilo-Sprengkopf, verfügt die Falaq-2 bereits über 120 Kilogramm. Die iranische Zelzal-2 – die Hisbollah soll auch von diesem Modell über Tausende verfügen – hat eine Reichweite von 210 Kilometern und einen 600-Kilo-Sprengkopf.
(Auswahl, nach Schätzungen 120.000 – 200.000 Stück)
Katyusha
Reichweite: 4 – 40 Kilometer
Durchmesser: 107-122 mm
Sprengkopf: 6-20 Kg
Burkan
Reichweite: 10 Km
Sprengkopf: 100-500 Kg
Falaq-1
Reichweite: 10-11 Kilometer
Durchmesser: 240 mm
Sprengkopf: 50 Kg
Falaq-2
Reichweite: 10-11 Kilometer
Durchmesser: 333 mm
Sprengkopf: 120 Kg
Fajr-5
Reichweite: 75 Kilometer
Durchmesser: 333 mm
Sprengkopf: 90 Kg
Khaibar-1
Reichweite: 125-160 Kilometer
Durchmesser: 302 mm
Sprengkopf: 600 Kg
Zelzal-2
Reichweite: 210 Kilometer
Durchmesser: 610 mm
Sprengkopf: 600 Kg
Scud-Raketen
Reichweite: 300-500 Kilometer
Durchmesser: 880 mm
Sprengkopf: 600-985 Kg
Ob die Hisbollah sich nicht zum Angriff bekennt, weil die Opfer Drusen sind, man schlicht einen Fehler gemacht hatte, oder eben doch eine Eskalation mit Israel fürchtet, ist im Moment zweitrangig. Alles schaut nach Israel, das in den nächsten Stunden oder Tagen Rache üben wird.
Eine Rache, die den Libanon in weiteres Elend stürzen könnte. Und der Großteil der Bevölkerung teilt die Hisbollah-Propaganda, sie sei der Schutzschild des Libanon, nicht: „Je stärker die Hisbollah in den Konflikt zwischen Israel und der Hamas verwickelt wird, desto mehr wächst die Sorge um die Sicherheit der libanesischen Bevölkerung“, sagt etwa ein libanesischer Christ, zum KURIER. Etwa ein Drittel der Libanesen ist christlichen Glaubens. „Viele fühlen sich in einer prekären Situation gefangen, da sie sowohl Israel als auch die Hisbollah als Bedrohung für die Stabilität des Landes empfinden.“
Ein Krieg hätte massive Konsequenzen
Die Hisbollah ist spätestens seit ihrem Einsatz im Syrienkrieg kampferprobt. Beide Seiten sind sich jedoch der Konsequenzen, die ein offener Bodenkrieg nach sich ziehen würde, bewusst. Einerseits haben die Israelischen Verteidigungskräfte (IDF) im Gaza-Krieg unfassbare Mengen an Munition verfeuert, müssten weitere Reservisten einberufen und könnten – selbst, wenn sie zwanzig Kilometer tief in den Libanon eindringen würden – die Macht der Hisbollah nicht brechen. Um die Bedrohung Hisbollah tatsächlich auszuschalten, wären Mittel notwendig, die jene für den Gaza-Krieg um ein Vielfaches übersteigen.
Andererseits gibt es in der israelischen Gesellschaft auch die Ansicht, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen sei, „ein für alle Mal“ mit der Bedrohung Hisbollah aufzuräumen. Denn dass die Hisbollah eine massive Bedrohung für Israel darstellt und das Hauptziel der Hisbollah darin besteht, Israel zu vernichten, ist Fakt.
Die Hisbollah wiederum, die die libanesische Regierung im festen Klammergriff hält, weiß, dass sich der Unmut eines beträchtlichen Teils der Bevölkerung gegen sie richten würde, bräche ein Bodenkrieg im Libanon aus.
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