Ende der Achtzigerjahre kommandierte er die libyschen Truppen im Tschad, wurde dort aber im Zuge einer französischen Intervention vernichtend geschlagen und gefangen genommen – Gaddafi wandte sich von ihm ab. Doch Haftar konnte mit Hilfe der CIA, zu der er lange hervorragende Kontakte hatte, in die USA absetzen.
USA halten sich zurück
Heute hält sich Washington weitgehend aus dem libyschen Bürgerkrieg zurück. Zwar wird die GNA auch von den USA anerkannt, doch US-Präsident Donald Trump gab Haftar im April Grünes Licht für dessen Offensive. Am meisten Kopfzerbrechen bereitet Washington der steigende Zulauf von radikalen Dschihadisten an der Seite der Einheitsregierung in Tripolis: Mindestens 600 Kämpfer aus Syrien sollen sich dort mittlerweile aufhalten. Paradoxerweise kämpfen diese aufseiten der machtlosen GNA.
In Haftars Augen ist GNA-Premier Fajez al-Sarraj von den Islamisten unterwandert, aus diesem Grund will er – zumindest offiziell – den Westen des Landes von den verbliebenen „Terrorgruppen“ säubern. Jedoch kämpfen auch unter seiner Flagge radikale Islamisten. Ebenso wie Söldner der russischen Wagner-Gruppe. Russland hat großes Interesse daran, Haftar an die Macht zu bringen: Mehr politischer Einfluss in der Region wäre dadurch sichergestellt.
Frankreich wiederum ist um seinen Einfluss in Nordwest-Afrika besorgt, aus diesem Grund hat sich Paris mit dem ehemaligen Feind arrangiert: Haftar kann am ehesten tschadische Milizen, die in den Süden Libyens einrücken, in Schach halten und vertritt damit Frankreichs Interessen in der Region mehr als die GNA.
Als Gaddafi herrschte, war er unter anderem ein Todfeind Washingtons – die CIA setzte aus diesem Grund Haftar ein, um Anschläge auf Gaddafi zu planen. Nach dessen Sturz kehrte Haftar 2011 nach Libyen zurück, und stellte den Führungsanspruch.
Gefürchtete Milizen
Auch wenn er im Laufe der Jahre große Gebiete unter seine Kontrolle bringen konnte, so fehlen ihm die dicht bevölkerten Küstenstädte im Westen des Landes. Unter anderem Misrata mit seinen gefürchteten Milizen, die derzeit die GNA unterstützen.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat seine Truppen in Bewegung gesetzt, bald schon dürften türkische Soldaten in Tripolis kämpfen – er gilt als wichtiger Verbündeter von Premier Sarraj, beliefert ihn angeblich seit längerem mit Waffen. Auch die Dschihadisten aus Syrien sollen mit türkischer Hilfe per Schiff nach Libyen gekommen sein.
Neben Erdoğan ist auch Italien ein wichtiger Verbündeter der GNA – freilich aus anderen Gründen. Die libysche Küstenwache bringt mittlerweile einen Großteil der Migrantenboote auf und schickt sie nach Libyen zurück – wo sie zumeist unter unmenschlichen Umständen in Lagern verschiedener Milizen leben müssen.
Paradoxe Situation
Der Umstand, dass ebenjene Milizen die international anerkannte GNA schützen, macht die Situation in Libyen noch paradoxer.
Würde Haftar an die Macht kommen und die Küstenstädte tatsächlich unter seine Kontrolle bringen, hätte Europa zumindest eine Person mit mächtiger Verhandlungsposition. Doch hätte Italien mit Haftar keine Freude: Der Großteil seiner Anhänger stammt aus Ostlibyen und dort herrscht nach wie vor großer Hass auf Rom. Kaum eine Familie hat keinen Vorfahren, der während der italienischen Kolonialzeit nicht misshandelt oder getötet worden wäre.
Ob Haftar – im Falle eines Sieges – den Erfolg auskosten kann, ist unklar: Der 76-Jährige ist angeblich schwer krank. Allerdings hat er schon oft seinen Überlebenswillen unter Beweis gestellt.
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