Wie der Iran trotz Sanktionen zur Drohnenmacht wurde

Sie können rasch und mit hoher Präzision zuschlagen, dienen als hervorragende Aufklärer, sind aus dem modernen Schlachtfeld nicht mehr wegzudenken: Neben der Artillerie zählen Drohnen zu den wichtigsten Waffen im Ukraine-Krieg. Beide Seiten suchen nach Nachschub. Behält der Nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, Recht, wird der Iran bald Hunderte Drohnen nach Russland schicken, um die russischen Streitkräfte zu unterstützen.
Noch ist unklar, ob es sich um reine Aufklärungsdrohnen, Kampfdrohnen oder gar teilautonome Waffensysteme handelt – der Iran verfügt über Geräte aus jeder Klasse. Seit Februar 2021 besitzt die Islamische Republik etwa die „Kaman 22“, eine Drohne mit einer Reichweite von 3.000 Kilometern und der Möglichkeit, 300 Kilogramm Sprengmittel zu befördern. Zum Vergleich: Die türkische Bayraktar-Drohne kann bis zu 150 Kilogramm tragen.
Auch wenn noch völlig unklar ist, ob der Iran tatsächlich Hunderte solcher Drohnen an Russland liefern könnte – das Land, das seit Jahrzehnten mit Sanktionen belegt ist, hat früh begonnen, sie selbstständig herzustellen.
Bereits im Ersten Golfkrieg gegen den Irak – in den 80er-Jahren – begannen die Iranischen Revolutionsgarden damit, an Aufklärungsdrohnen zu forschen. Auch wegen der Sanktionen war es Teheran nicht möglich, die Prototypen im Krieg einzusetzen – es mangelte an wichtigen Teilen.
Doch der Iran führte sein Entwicklungsprogramm weiter fort. Mehrere Unternehmen wurden fusioniert, Universitäten – vor allem die Technische Universität Sharif – arbeiteten mit Hochdruck an Lösungen. Immer wieder stürzten westliche Drohnen über dem Iran ab, deren Wracks sich für die Forscher als hilfreich erwiesen.
Bereits 2004 belieferte der Iran die libanesische Hisbollah mit sogenannten Mersad-1-Drohnen, die bald darauf über Nordisrael kreisen sollten. Spätestens im Syrischen Bürgerkrieg war klar, dass der Iran auf dem Gebiet der Kampfdrohnen erhebliche Fortschritte gemacht hatte. Verbündete der Islamischen Republik, wie die jemenitische Houthi-Miliz, wurden von Teheran beliefert.
In den Wracks abgeschossener Houthi-Drohnen wurden Teile aus China, Japan und Europa gefunden, was zeigt, dass der Iran trotz der Sanktionen über ausgeklügelte Mittel und Wege verfügt, diese zu umgehen. US-Präsident Bidens Reise nach Saudi-Arabien dürfte auch den Grund haben, Verbündete gegen den Iran zu finden.
Neue Öl-Route
Denn neben den etwaigen Drohnenlieferungen bahnt sich noch etwas anderes an: Der sogenannte International North South Transport Corridor – quer durch den Iran – steht kurz vor seiner Fertigstellung: Damit können Güter wie Rohöl von Russland über das Kaspische Meer und den Iran zum Indischen Ozean gelangen. Russische Schiffe müssten nicht mehr den langen Weg über den Suez-Kanal nehmen, die Transporte wären von keinen Sanktionen betroffen. Erste Tests verliefen erfolgreich.Armin Arbeiter
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