"Sehr vorsichtig sein": Israel mahnt Hisbollah, Libanon nicht in den Krieg hineinzuziehen
Nach wiederholten Angriffen der pro-iranischen Hisbollah-Miliz aus dem Südlibanon auf Israel hat die israelische Armee einen vier Kilometer breiten Streifen im Grenzgebiet zu einer Sperrzone erklärt.
Es sei verboten, diese Zone zu betreten, teilte die israelische Armee am Sonntag mit. Dort wohnende Zivilisten "in bis zu zwei Kilometern Entfernung von der Grenze sind angewiesen, sich nahe Schutzräumen aufzuhalten", hieß es weiter.
In aktiven Kampfzonen werde außerdem die Verwendung von GPS-gestützten Navigationssystemen eingeschränkt. Zivilisten in der Region müssten wissen, dass dies zu Störungen führen könne.
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Weiters in diesem Artikel:
- Weiterer Hamas-Drahtzieher getötet
- Schlechtes Wetter: Bodenoffensive verschoben
- Gefahr lang andauernder Häuserkämpfe
- Gaza: Zehntausende auf der Flucht - neues Zeitfenster
- USA verlegen weitere Kriegsschiffe
- China schickt nächste Woche Vermittler
Seit den Terrorattacken der islamistischen Hamas auf Israel und den Gegenschlägen der israelischen Armee auf den Gazastreifen kam es in den vergangenen Tagen regelmäßig zu Zwischenfällen an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon, die Sorgen vor einer weiteren Eskalation schüren.
Im Südlibanon ist die pro-iranische Hisbollah-Miliz aktiv.
Warnung an die Hisbollah: "Sehr vorsichtig sein"
Der israelische Armeesprecher Richard Hecht sagte am Sonntag, die Hisbollah müsse "sehr vorsichtig sein und den Libanon nicht da hineinziehen". Dies wäre "eine sehr schlechte Entscheidung", betonte er. "Es würde den Libanon in eine Katastrophe stürzen."
Die Hisbollah gilt als deutlich schlagkräftiger als die Hamas. Seit dem letzten Krieg mit Israel 2006 hat sie ihre Fähigkeiten massiv ausgebaut. Nach neuesten Schätzungen der israelischen Armee verfügt die Organisation über ein Arsenal von mehr als 100.000 Raketen.
Weiterer Hamas-Drahtzieher getötet
Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben einen weiteren Drahtzieher der von Hamas-Angreifern unter Israelis verübten Massaker getötet. Billal Al Kedra, Befehlshaber terroristischer Einheiten im südlichen Khan Yunis, sei bei Luftangriffen am Vorabend getötet worden, teilte die Armee Sonntagfrüh mit.
Auch weitere Terroristen der Hamas und der militanten Palästinensergruppe Islamischer Jihad seien dabei ums Leben gekommen.
Im Gazastreifen sind nach Angaben des dortigen Gesundheitsministeriums seit Beginn des jüngsten Konflikts am 7. Oktober bisher 2.329 Palästinenser getötet und 9.714 verletzt worden.
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Bereits zuvor hatte Israels Militär den Tod zweier mutmaßlicher Hamas-Drahtzieher der Angriffe vom vergangenen Wochenende gemeldet.
Mehr als 100 Ziele angegriffen
Man habe mehr als 100 militärische Ziele der Hamas in Zaytun, Khan Yunis und West-Jabalia angegriffen, erklärte das israelische Militär am Sonntag. Dazu zählten operative Kommandozentralen, militärische Einrichtungen, Dutzende von Abschussrampen für Panzerabwehrraketen und Beobachtungsposten. Auch Kommandozentralen des Islamischen Jihad seien getroffen worden.
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Schlechtes Wetter: Bodenoffensive verschoben
Während Zehntausende Palästinenser im Gazastreifen auf der Flucht in den Süden des Gebietes sind, lässt sich Israels Militär mit der geplanten Bodenoffensive gegen die islamistische Hamas anscheinend noch etwas Zeit.
Der Angriff hätte eigentlich schon dieses Wochenende beginnen sollen, sei aber wegen des bewölkten Himmels und der deswegen erschwerten Sicht für Piloten und Drohnen vertagt worden, berichtete die New York Times unter Berufung auf drei namentlich nicht genannte, ranghohe israelische Offiziere.
Ziel ist es, die politische und militärische Führungsebene der Hamas-Terroristen im Gazastreifen auszulöschen, die vor einer Woche Massaker mit Hunderten Todesopfern in Israel begangen haben.
Gefahr lang andauernder Häuserkämpfe
Die Militäroperation berge die Gefahr, dass sich Israel in monatelange blutige Häuserkämpfe verstricke, heißt es in dem Bericht. Es werde angenommen, dass sich Zehntausende von Hamas-Kämpfern in Bunkern und Hunderte Kilometer langen unterirdischen Tunnelsystemen unter Gaza-Stadt und den umliegenden Teilen des nördlichen Gazastreifens verschanzt haben.
Israels Armee gehe davon aus, dass die Hamas versuchen wird, ihr Vorankommen zu behindern, indem sie Tunnel sprenge, während die Bodentruppen über sie vorrücken. Die Hamas plane zudem, durch geheime Tunnelausgänge hinter die israelischen Linien zu gelangen und von hinten anzugreifen.
Ein strategisches Dilemma sei zudem, dass die Terroristen sich unter der Erde besonders effektiv mit Geiseln verschanzen könnten.
Sprengfallen
Neben Infanterieeinheiten wird Israels Eingreiftruppe auch Panzer und Pioniere umfassen, fügten die Offiziere laut der Zeitung hinzu. Die Bodentruppen bekämen Deckung von Kampfflugzeugen, Kampfhubschraubern, Drohnen und Artillerie vom Land wie auch vom Meer aus, hieß es.
Israelische Beamte warnen davor, dass die Hamas israelische Geiseln töten und Zivilisten als menschliche Schutzschilde einsetzen könnte. Zudem hätten sie das Gebiet mit Sprengfallen übersät, berichtete die New York Times weiter.
Joshua Sarka, ein ranghoher Vertreter des israelischen Außenministeriums, wirft dem Iran vor, mit Waffenlieferungen nach oder via Syrien eine zweite Kriegsfront eröffnen zu wollen. Entsprechende Spekulationen in einem Beitrag auf dem Kurznachrichtendienst X bestätigte Sarka.
Gaza: Zehntausende auf der Flucht - neues Zeitfenster
Zehntausende Zivilisten im Gazastreifen sind nun auf der Flucht in den Süden des von Israel hermetisch abgeriegelten Gebiets. Die israelische Armee hatte über zwei zeitlich begrenzte Fluchtrouten informiert, die bis zum Samstagnachmittag von Angriffen verschont bleiben sollten.
Am Sonntag nannte die israelische Armee ein weiteres Zeitfenster für eine Evakuierung von Zivilisten im Norden des Gazastreifens in Richtung Süden. Der israelische Armeesprecher veröffentlichte auf X in arabischer Sprache die Information, Einwohner der Stadt Gaza und des nördlichen Gazastreifens hätten von 10.00 Uhr bis 13.00 Uhr Ortszeit (09.00 bis 12.00 Uhr MESZ) Zeit, um eine sichere Fluchtroute zu nutzen.
Die Armee werde in diesem Zeitraum diesen Korridor nicht angreifen. Wem die Sicherheit seiner Familie am Herzen liege solle sich in Richtung Süden begeben, hieß es in der Mitteilung.
UN-Generalsekretär António Guterres forderte sofortigen Zugang für humanitäre Hilfe. Die Verlegung schwer kranker und verletzter Patienten ist laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unmöglich. „Solche Menschen zu transportieren, kommt einem Todesurteil gleich“, betonte sie.
Das UN-Hilfswerk für Palästinensische Flüchtlinge warnte vor akuter Wasserknappheit. „Die Menschen, darunter kleine Kinder, Ältere und Frauen, werden an schwerer Dehydrierung sterben“, warnte die Organisation.
USA verlegen weitere Kriegsschiffe
Die USA verlegen derweil weitere Kriegsschiffe ins östliche Mittelmeer, unter anderem den Flugzeugträger „USS Dwight D. Eisenhower“, den Lenkwaffenkreuzer „USS Philippine Sea“ und zwei Zerstörer. Sie sollen sich den bereits in die Region verlegten Schiffen anschließen, wie das Verteidigungsministerium in Washington am Samstagabend (Ortszeit) mitteilte.
Die Kriegsschiffe sollen sich demnach nicht an Kampfhandlungen beteiligen, sondern der Abschreckung dienen. Das Weiße Haus betonte auch, dass man nicht plane, Bodentruppen nach Israel zu schicken.
China schickt nächste Woche Vermittler
Angesichts einer drohenden Eskalation im Nahen Osten nach dem Hamas-Angriff auf Israel will China einen Vermittler in die Region schicken. Der chinesische Gesandte Zhai Jun werde kommende Woche in die Konfliktregion reisen, um sich für einen Waffenstillstand zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas einzusetzen und mögliche Friedensgespräche voranzubringen, berichtete der staatliche chinesische Fernsehsender CCTV.
Die Aussicht auf eine "weitere Ausweitung" des Konflikts sei "zutiefst besorgniserregend", sagte Zhai dem Sender zufolge in einem am Sonntag auf seinem offiziellen Onlinedienst-Account veröffentlichten Video.
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