Israels Militär: Zwei Hamas-Drahtzieher getötet
Das israelische Militär hat bei Bombenangriffen auf Einsatzzentralen der islamistischen Hamas im Gazastreifen nach eigenen Angaben zwei der mutmaßlich Verantwortlichen des Massakers an israelischen Zivilisten getötet: Merad Abu Merad und Ali al-Kadhi.
Merad Abu Merad, Leiter des Hamas-Luftüberwachungssystems in Gaza-Stadt, sei maßgeblich für die Steuerung der Terroristen während des Massakers verantwortlich gewesen, teilte das israelische Militär am frühen Samstagmorgen mit.
Ali al-Kadhi hat als Kommandeur einer Eliteeinheit den Überfall bewaffneter Kämpfer auf Ortschaften im Süden Israels vor einer Woche angeführt. Das Mitglied der in der Küstenenklave herrschenden Islamistenorganisation sei 2005 bei einem Gefangenenaustausch freigekommen und nach Gaza zurückgekehrt. Er war Armeeangaben zufolge zuvor wegen der Entführung und Ermordung von Zivilisten in Israel inhaftiert worden.
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Terroristen hatten vor genau einer Woche im Auftrag der Hamas ein Massaker unter israelischen Zivilisten in Grenzorten und auf einem Musikfestival angerichtet - das schlimmste seit Israels Staatsgründung. Mehr als 1.300 Menschen kamen dabei ums Leben.
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Israelische Kampfflugzeuge hätten in der Nacht Dutzende Hamas-Ziele im gesamten Gazastreifen angegriffen und dabei „Nukhba“-Terroristen getroffen, die sich in einem Aufmarschgebiet der Küstenenklave aufhielten, hieß es.
Die „Nukhba“-Terroristen gehörten zu den Kräften, die das Eindringen nach Israel anführten. Israel antwortet seitdem mit massiven Luftangriffen auf Ziele im Gazastreifen. Als nächster Schritt könnte eine Bodenoffensive folgen.
Die Zahl der bei israelischen Angriffen im Gazastreifen getöteten Palästinenser ist auf 2.215 gestiegen. Zudem seien 8714 Menschen verletzt worden, teilte das Gesundheitsministerium im Gazastreifen am Samstag mit.
Die israelische Armee forderte Zivilisten auf, den Norden des Gazastreifens zu verlassen.
Zehntausende folgten dem Aufruf. Menschen in Autos machten sich auf Lastwagen, mit Eselskarren und zu Fuß auf der einzigen Hauptstraße des Gebiets Richtung Süden auf.
Die im Gazastreifen herrschende Hamas versuchte, fliehende Zivilisten davon abzuhalten, dem israelischen Aufruf zur Räumung des Nordens zu folgen. Sie sollten nicht auf die „Propagandanachrichten“ reinfallen, hieß es.
Neues Zeitfenster für Gaza-Flucht
Das israelische Militär hat den Einwohnern des nördlichen Gazastreifens auch am Samstag wieder einen Zeitraum ohne Angriffe zugesichert, um sich in den Süden der Küstenenklave zu begeben. Zwischen 10.00 und 16.00 Uhr Ortszeit (09.00 bis 15.00 Uhr MESZ) sollen die Bewohner von Beit Hanun auf einer eingezeichneten Fluchtroute nach Chan Junis gehen, wie ein Sprecher der Armee in arabischer Sprache auf der Plattform X mitteilte. Dort sei in den angegebenen Stunden Bewegung „ohne Schaden“ möglich.
Die Armee vermutet Mitglieder der Hamas in Tunneln unterhalb der Häuser und auch in Wohngebäuden der Menschen. Der Aufruf zur Evakuierung sei auf verschiedenen Wegen verschickt worden.
Das israelische Militär warf der Hamas vor, zu versuchen, die Bevölkerung daran zu hindern, sich in Sicherheit zu bringen, und sie als "menschliches Schutzschild" zu missbrauchen.
UN befürchten "katastrophale Situation"
Die Vereinten Nationen fürchten eine „katastrophale Situation“, sollte die Armee in das dicht besiedelte Küstengebiet einmarschieren. Augenzeugen berichteten von Panik unter der Bevölkerung.
Die UN forderten Israel auf, die Anweisung zur Evakuierung der etwa 1,1 Millionen Menschen zu widerrufen. UN-Generalsekretär António Guterres forderte sofortigen Zugang zum Gazastreifen für humanitäre Hilfe. „Auch Kriege haben Regeln“, betonte er am Freitag in New York.
"Wollen keinen Massenexodus von Gaza-Bewohnern erleben"
Die Flucht von Zivilisten aus Gaza-Stadt in Richtung Süden bezeichnete Guterres als "extrem gefährlich". Guterres schrieb dazu auf X: "Mehr als eine Million Menschen durch ein dicht besiedeltes Kriegsgebiet an einen Ort zu bringen, an dem es keine Nahrungsmittel, Wasser oder Unterkünfte gibt, während das gesamte Gebiet des Gazastreifens belagert wird, ist extrem gefährlich - und in einigen Fällen einfach nicht möglich.
UN-Sprecher Stephane Dujarric sagte dazu: "Zivilisten müssen geschützt werden. Wir wollen keinen Massenexodus von Gaza-Bewohnern erleben."
Israelische Geiseln tot gefunden
Israels Militär flog unterdessen weitere Bombenangriffe auf Hamas-Ziele und unternahm zudem erste begrenzte Vorstöße in den Gazastreifen. Dabei hätten die Soldaten am Freitagabend Leichen vermisster Landsleute entdeckt, berichtete die Zeitung Jerusalem Post am frühen Samstagmorgen.
Angaben zur Anzahl der Toten gab es zunächst nicht. Laut einem israelischen Armeesprecher sei Ziel dieser Einsätze, „das Gebiet von Terroristen und Waffen zu säubern“. Dabei habe man auch versucht, Vermisste zu finden. Boden- und Panzertruppen hätten nach Spuren gesucht und „Terrorzellen ausgeschaltet“.
Nach Angaben des militärischen Arms der Hamas sollen 13 der rund 150 aus Israel verschleppten Geiseln bei den israelischen Luftangriffen auf das Küstengebiet getötet worden sein. Darunter seien auch ausländische Staatsangehörige, behaupteten die Al-Kassam-Brigaden. Auch dies konnte nicht unabhängig überprüft werden. Israels Armee wollte dem Bericht nach eigenen Angaben nachgehen.
Netanjahu: "Werden die Hamas zerstören"
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezeichnete die derzeitigen Gegenangriffe im Gazastreifen nach dem Hamas-Terror mit Hunderten getöteten Israelis nur als „Anfang“ der Offensive gegen die militanten Islamisten. „Wir werden die Hamas zerstören und gewinnen, aber es wird Zeit brauchen“, sagte er am Freitagabend in einer Ansprache an die Nation.
„Unsere Feinde haben gerade erst begonnen, den Preis zu zahlen. Ich werde unsere Pläne nicht näher erläutern, aber ich sage Ihnen, das ist erst der Anfang.“ Das jüdische Volk habe seit Jahrzehnten nicht mehr solche Schrecken erlebt, so Netanjahu.
Terroristen im Auftrag der Hamas hatten am Samstag vergangener Woche ein Massaker unter israelischen Zivilisten in Grenzorten und auf einem Musikfestival angerichtet - das schlimmste seit Israels Staatsgründung. Mehr als 1300 Menschen kamen dabei ums Leben.
Die Zahl der bei den israelischen Gegenangriffen getöteten Palästinenser im Gazastreifen gab das dortige Gesundheitsministerium am Freitagabend mit mindestens 1900 an. Darunter seien 614 Kinder und Jugendliche. Mindestens 7696 Menschen wurden demnach verletzt.
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