Weitere Festnahmen nach Katar-Skandal in EU-Parlament
„Die WM in Katar ist der Beweis dafür, dass Sportdiplomatie eine historische Transformation in einem Land bewirken kann, dessen Reformen die arabische Welt inspirieren“, schwärmte Eva Kaili am 21. November im EU-Parlament über das Emirat. Zu diesem Zeitpunkt ermittelte die belgische Justiz bereits seit vier Monaten – am Freitag schlug sie zu.
Die Zeitung Le Soir und das Investigativmagazin Knack berichteten als erste von den Festnahmen der Vizepräsidentin des EU-Parlaments Kaili (S&D), des ehemaligen S&D-Abgeordneten Pier Antonio Panzeri aus Italien, des frisch gewählten Generalsekretärs des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB), Luca Visentin. Außerdem Niccolò Figà-Talamanca, Direktor der NGO „No Peace Without Justice“, sowie Francesco Giorgi, der als Assistent im Europäischen Parlament arbeitet und mit Eva Kaili liiert sein soll. Am späten Samstagabend wurde Kaili laut EU-Abgeordneter Roberta Metsola suspendiert. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.
Koffer voller Geld
Rund 600.000 Euro in bar sollen in der Brüsseler Residenz des ehemaligen Europaabgeordneten Panzeri entdeckt worden sein. Auch seine Ehefrau und Tochter wurden in der Nähe von Bergamo von italienischen Polizisten festgenommen – der Fall zieht bereits jetzt weitere Kreise.
Laut griechischen Medien soll auch der Vater Kailis dabei entdeckt worden sein, wie er sich mit einer Aktentasche voller Geld aus dem Staub machen wollte.
Der Verdacht: Durch „die Zahlung erheblicher Geldbeträge oder das Angebot bedeutender Geschenke an Dritte, die eine bedeutende politische und/oder strategische Position im Europäischen Parlament innehaben“, soll ein von der belgischen Staatsanwaltschaft nicht näher genannter Golfstaat versucht haben, Einfluss zu gewinnen.
Mögliche Haftbefehle
Die Recherchen von Le Soir und Knack – sie berufen sich auf gut informierte Quellen – machen Katar als jenen Staat aus. Alle fünf Verdächtigen wurden zu Anhörungen mitgenommen. Sie könnten innerhalb von 48 Stunden – also heute, Sonntag, – dem Richter vorgeführt werden, der dann über mögliche Haftbefehle entscheiden würde.
„Dies ist der schockierendste Integritätsskandal in der Geschichte der EU“, sagt Alberto Alemanno, Jusprofessor an der Pariser Hochschule für Wirtschaft und Recht und ausgesprochener Aktivist für Transparenzfragen, gegenüber dem Magazin Politico. „Er enthüllt die Unzulänglichkeit des EU-Ethiksystems, das für die Abgeordneten der EU gilt, sowie das Fehlen jeglicher Versuche, die ausländische Lobbyarbeit zu kontrollieren“, führt er weiter aus.
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