Die Ehe ist als Institution gesetzlich für Mann und Frau reserviert, Kinder müssen laut Verfassungszusatz „eine Mutter und einen Vater“ haben. Und wer verheiratet (und jung genug) ist, wird finanzkräftig dabei unterstützt, möglichst viele Kinder in die Welt zu setzen.
Was nach der Linie der US-Konservativen klingt, ist in Ungarn Realität. Viktor Orbáns Regierungen, die seit 2010 das Leben in Ungarn in einen neuen Rahmen gegossen haben, setzen seit Jahren auf ein konservatives Familienbild. Einerseits aus wahltaktischen Gründen – die Fidesz-Partei hat die konservativen Ungarn in ländlichen Gebieten mit dieser Linie voll auf ihrer Seite – und andererseits, weil man dringend die seit Jahrzehnten sinkende Geburtenrate anzuheben versuchte – durchaus mit Erfolg.
Im Vergleich zu 2010 hat sich die Zahl der neuen Ehen in Ungarn pro Jahr von 35.000 auf 67.000 fast verdoppelt. Die Geburtenrate ist um mehr als 25 Prozent gestiegen: Die durchschnittliche Ungarin gebiert nicht mehr 1,23 Kinder, sondern 1,56. Für eine wachsende Bevölkerung (ein ausgesprochenes Ziel der Ungarn) braucht es 2,0 Kinder pro Frau.
Die Linie in der Familienpolitik erweckt ungewohnte konservative Allianzen. Während die meisten US-Amerikaner Ungarn kaum auf der Karte finden würden, handelt einer der prominentesten Vertreter der Grand Old Party nach einer Blaupause der aktuellen ungarischen Politik: Mitt Romney macht sich jüngst für ein US-Familienpaket stark, das verdächtig an jenes der Orbán-Regierung erinnert. Darin enthalten etwa monatliche Direktzahlungen für Familien – mehr Kinder, mehr Geld.
Und konservative US-Kommentatoren applaudieren ihm dafür: „Es wird Zeit, dass sozialer Konservativismus ökonomisch relevant wird“, schreibt die New York Post. „Glücklicherweise finden amerikanische Konservative in Übersee eine erfolgreiche Vorlage (Ungarn, Anm.).“
Ritterschlag für Ungarns Regierung
Für die ungarische Regierung ein Ritterschlag, dass niemand geringerer als der frühere Präsidentschaftskandidat – ein Aushängeschild der religiös-konservativen US-Politik – offenbar in Ungarn nach Antworten auf die Krise in den USA sucht.
Ungarns Familienministerin Katalin Novák zeigt sich auf Twitter „erfreut, zu sehen, dass der Republikaner Mitt Romney unsere Sicht teilt, dass Familien mit Kindern unterstützt werden müssen“.
Kredit, Auto, Steuern
Die Regierung von Premierminister Viktor Orbán hat 2019 4,8 Prozent des BIP für einen Aktionsplan zum Schutz der Familie bereitstellen lassen. Darin enthalten sind etwa günstige Kredite für junge Ehepaare oder eine Unterstützung beim Kauf eines großen Autos, oder eine lebenslange Steuerbefreiung für Mütter mit mindestens vier Kindern.
Die Parallelen mögen ungewöhnlich sein, überraschend sind sie aber für kaum jemanden. Laut einer Studie der Universität von Göteborg hat sich die Republikanische Partei inhaltlich in den vergangenen Jahren europäischen illiberalen Parteien wie der Fidesz oder der PiS in Polen angeglichen.
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