Deutschland ruft die Gas-Alarmstufe aus

Deutschland ruft die Gas-Alarmstufe aus
Deutschlands Wirtschaftsminister Habeck ruft die zweite Stufe des Gas-Notfallplans aus. In Österreich gilt vorerst weiter die Frühwarnstufe.

"Es liegt eine Störung der Gasversorgung oder eine außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas vor, die zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage führt. Der Markt ist aber noch in der Lage, diese Störung oder Nachfrage zu bewältigen, ohne dass nicht marktbasierte Maßnahmen ergriffen werden müssen."

So lautet die offizielle Beschreibung der zweiten Eskalationsstufe des dreiteiligen deutschen Gas-Notfallplans. Und in dieser Alarmstufe befindet sich Deutschland nun: Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat die Stufe heute um zehn Uhr bei einer Pressekonferenz ausgerufen.

Deutschland ruft die Gas-Alarmstufe aus

"Die Lage ist ernst", erklärte Habeck bei der Pressekonferenz. "Wir sind in einer Gaskrise. Gas ist von nun an ein knappes Gut. Die Preise sind jetzt schon hoch, und wir müssen uns auf weitere Anstiege gefasst machen."

Oberste Priorität sei es nun, die Gasspeicher zu füllen. Alternative Anbieter würden gesucht und erneuerbare Energien ausgebaut. Außerdem müsse mehr Gas eingespart werden.

Aber was bedeutet die Alarmstufe genau?

Warnruf

Verkürzt gesagt ist es eine weitere Warnung der Zuspitzung der Lage. Der dreiteilige Notfallplan gliedert sich in Frühwarn-, Alarm- und Notfallstufe. Die Frühwarnstufe wurde bereits Ende März ausgerufen, sie diente der Vorbereitung auf eine bevorstehende Gasknappheit.

Genauso wie die erste Stufe sieht auch die Alarmstufe weiterhin vor, dass der Markt die Versorgung sicherstellt – der Staat greift (noch) nicht ein. Das passiert erst in der dritten und letzten Eskalationsebene, der Notfallstufe. Dann übernimmt die Bundesnetzagentur die Verteilung von Gas an Industriebetriebe und ist verantwortlich für die Versorgung von privaten Haushalten und systemrelevanten Einrichtungen wie etwa Krankenhäusern.

Der Ausruf der Alarmstufe war absehbar, allerdings nicht ganz so plötzlich. Am Dienstag wurde erwartet, es werde in den nächsten fünf bis zehn Tagen geschehen, jedenfalls aber vor dem 8. Juli. Da wird nämlich ein neues Gesetz verabschiedet, um kurzfristig Kohlekraftwerke wieder in Betrieb zu nehmen, um den Verbrauch von Gas zu minimieren. Zuvor muss eine Gasknappheit festgestellt worden sein. Etwa, indem die Alarmstufe ausgerufen wurde.

In Österreich gilt übrigens vorerst weiter die Frühwarnstufe.

27 Prozent des deutschen Primärenergieverbrauchs – also der Energie, die nicht umgewandelt wird, etwa in Strom – stammen aus Erdgas. Bis vor dem Krieg in der Ukraine kamen 55 % der Gasimporte aus Russland, 31 % aus Norwegen, 13 % aus den Niederlanden. Mittlerweile ist der Anteil der Importe aus Russland auf 40 Prozent gesunken. Bis Sommer 2024 will Deutschland vollständig unabhängig von russischem Erdgas sein.

Preise steigen weiter

Dennoch bedeutet die Alarmstufe in Deutschland eine weitere Verschärfung für die Bevölkerung bedeuten, denn die Preise werden weiter steigen. Aktuell muss eine vierköpfige Familie in Deutschland mit jährlichen Zusatzkosten in Höhe von 1.000 bis 2.000 Euro rechnen.

In der vergangenen Woche hat Russland die Erdgaslieferungen durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 drastisch reduziert - und zwar um etwa 60 Prozent. Seitdem ist der Gasmarkt noch angespannter als zuvor. Ab 11. Juli ist eine weitere Wartung der Pipeline geplant, die etwa zehn Tage dauern könnte. Diese werde den Gasfluss weiter reduzieren.

In den vergangenen Jahren wurde in diesen Zeiten auf die Gasspeicher zurückgegriffen, um den geringeren Gasimport auszugleichen. Damit aber würden sich Reserven für den Winter reduzieren.

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