Was die Zahl 29155 mit Russlands Geheimdienst-Krieg zu tun hat
29155 ist nur eine von vielen fünfstelligen Nummern, mit denen Russlands Geheimdienst GRU seine Abteilungen beziffert. Da gibt es die 26155, die – so Informationen westlicher Geheimdienste – für das Hacken ausländischer Regierungscomputer zuständig sein sollen, oder die 74455, die sich hauptberuflich in Wahlen anderer Staaten einmischt.
Doch 29155 ist doch mehr als nur eine von vielen Abteilungen. Die Eliteeinheit, so verriet ein europäischer Geheimdienstler kürzlich unter dem Siegel der Verschwiegenheit der New York Times, sei tatsächlich so geheim, dass selbst andere Abteilungen beim GRU nichts über sie und ihre Aktivitäten wüssten.
Und diese Einheit hat nun einen diplomatischen Krieg zwischen Russland und Europa ausgelöst. Stein des Anstoßes war eine Aktion, die schon 2014 stattgefunden hatte. Ein Munitionslager in Tschechien war damals in die Luft geflogen – und jetzt, sieben Jahre später, trat der tschechische Premier Babis vor die Medien und machte den russischen Geheimdienst für den Anschlag verantwortlich. Zwei Agenten, so berichteten tschechische Medien, seien federführend bei der Aktion gewesen: Ihre Decknamen, Alexander Petrow und Ruslan Boschirow, ihre Einheit 29155. Es seien dieselben Agenten, die im Jahr 2018 den Giftanschlag auf den in Großbritannien untergetauchten ehemaligen russischen Agenten Sergej Skripal und dessen Tochter verübt hätten.
„Extrem bösartig“
Tschechien reagierte mit dem Rauswurf von 18 russischen Diplomaten aus der Botschaft in Prag. Die gilt mit ihrer riesigen Besetzung von mehr als 100 Mann ohnehin als Umschlagplatz von Agenten des Geheimdienstes. Und diese sind natürlich für alle Arten von Spionage-Aktivitäten zuständig. Wenn es aber um so „extrem aggressive, bösartige“ Aktionen in europäischen Staaten gehe, wie eben den Anschlag in Tschechien oder den Skripal-Anschlag, analysieren Insider, dann sei 29155 gefragt.
Und diese Einheit hatten offensichtlich auch andere Europäer im Visier, als sie zuletzt russische Diplomaten vor die Tür setzten. In Bulgarien etwa soll ein – zweimal missglückter – Anschlag auf einen Waffenhändler hinter dem Rauswurf von zwei Russen Ende März stehen. In Italien, das in diesen Tagen ebenfalls zwei russischen Diplomaten die Heimkehr befahl, geht es um den Kauf von militärischen Geheiminformationen von einem Kapitän der italienischen Marine.
In Moskau reagiert man auf diese diplomatischen Attacken mit sofortigen Gegenangriffen. Nicht nur tschechische Diplomaten, auch solche aus Italien, Bulgarien oder natürlich den USA wurden in jüngster Zeit ohne Schonfrist aus dem Land geworfen. Dazu streitet man kategorisch jede Verwicklung in kriminelle Aktivitäten im Ausland ab. Die Vorwürfe seien unbegründet und nichts als „russophobe Gesten“.
Präsident Putin, selbst einst Agent im Auslandseinsatz, steht unbeirrbar hinter seinem Geheimdienst und vor allem seiner Eliteeinheit fürs Grobe, 29155. Boschirow und Petrow mögen anderswo in Europa polizeilich gesucht werden. In Moskau erhielten sie nicht nur hohe militärische Orden, sondern auch luxuriöse Wohnungen, zugewiesen von ganz oben.
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