Kremlkritker Nawalny beendet seinen Hungerstreik

Proteste für Nawalny in London
Das Leben des Kremlritikers hing am seidenen Faden. Ärzte befürchteten seinen Tod - jetzt will Nawalny wieder Nahrung zu sich nehmen

Der im Straflager inhaftierte russische Kremlgegner Alexej Nawalny hat ein Ende seines seit drei Wochen andauernden Hungerstreiks angekündigt. Angesichts „aller Umstände“ beginne er damit, aus dem Hungerstreik auszusteigen, hieß es in einer Mitteilung am Freitag in seinem Instagram-Kanal. Zuvor hatten seine Ärzte ihm dringend empfohlen, wieder Nahrung zu sich zu nehmen.

Der Kardiologe Jaroslaw Aschichmin und vier weitere Mediziner hatten Nawalny in einem im regierungskritischen Medium „Mediasona“ veröffentlichten Brief dazu aufgerufen, den Hungerstreik „sofort zu beenden“, um sein Leben und seine Gesundheit zu erhalten. Nawalny ist seit 31. März im Hungerstreik.

Sollte Nawalny weiterhin die Nahrungsaufnahme verweigern, drohten ihm „erhebliche“ Gesundheitsschäden oder sogar der Tod, warnten die Unterzeichner des Briefs, darunter auch Nawalnys persönliche Ärztin Anastasia Wassiliewa.

Kremlkritker Nawalny beendet seinen Hungerstreik

Alexej Nawalny vor Gericht - Bild vom Februar

Die Ärzte warnten unter anderem vor einem möglichen Nierenversagen, schweren neurologischen Schäden sowie vor einer schweren Hyponatriämie - einer Form von Elektrolytstörung - bei Nawalny. „Wenn der Hungerstreik auch nur noch für kürzeste Zeit andauert, werden wir leider niemanden mehr haben, den wir heilen können“, mahnten sie.

Nawalny, der prominenteste russische Kritiker von Präsident Wladimir Putin, befindet sich derzeit in einem Krankenhaus im 180 Kilometer östlich von Moskau gelegenen Wladimir. Seinen Eintritt in den Hungerstreik hatte er damit begründet, dass die Gefängnisverwaltung ihm eine angemessene medizinische Versorgung verwehre. Seinen Unterstützern zufolge hat sich der Gesundheitszustand des 44-Jährigen zuletzt massiv verschlechtert.

Nawalny hatte im August einen Anschlag mit einem Nervengift aus der Nowitschok-Gruppe knapp überlebt. Nach dem Anschlag, für den Nawalny den Kreml verantwortlich macht, wurde er nach Deutschland geflogen und in der Berliner Charité behandelt. Unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Russland im Jänner wurde er festgenommen und später wegen angeblicher Verstöße gegen Bewährungsauflagen zu mehr als zweieinhalb Jahren Lagerhaft verurteilt.

Kremlkritker Nawalny beendet seinen Hungerstreik

Protest gegen Nawalnys Inhaftierung in Moskau

Für Nawalnys Freilassung gingen am Mittwoch tausende Menschen in ganz Russland auf die Straße. Dabei wurden etwa 1.900 Menschen festgenommen.

Paris warnt Moskau

Frankreich warnte indessen Russland mit scharfen Worten davor, Nawalny sterben zu lassen. „Das erbarmungslose Vorgehen gegen Nawalny ist unerträglich“, sagte Außenminister Jean-Yves Le Drian dem TV-Sender France 2. Sollte der Oppositionelle sterben, „werden wir die nötigen Sanktionen ergreifen“. Die EU werde Russlands Präsident Wladimir Putin und die russischen Behörden dafür verantwortlich machen. Le Drian ergänzte: „Ich hoffe, dass es nicht so weit kommt.“

Die Parlamentarische Versammlung des Europarats forderte die Freilassung Nawalnys. Bis es soweit sei, solle er die notwendige medizinische Pflege und einen Arzt seiner Wahl erhalten, hieß es in einer am Donnerstag verabschiedeten Resolution. Ein Team aus dem Europarat solle sich Nawalnys Haftbedingungen vor Ort ansehen.

Kommentare