Warum Russlands Einmischen in Kasachstan "absolut legitim" ist
Es sind apokalyptische Bilder, die von den Aufständen im autoritär geführten Kasachstan nach außen dringen: ausgebrannte Autos, zerstörte Gebäude. Die Proteste gegen die Preiserhöhung von Autogas haben sich in einen generellen Aufstand gegen das Regime von Präsident Kassym-Jomart Tokajew verwandelt, der als Marionette des früheren Präsidenten Nursultan Nasarbajew gilt.
Am Donnerstag kam Russland dem Ex-Sowjetstaat zu Hilfe gegen die "im Ausland ausgebildeten Terroristenbanden", wie Tokajew die Protestierenden nannte. Der Kreml schickte im Rahmen eines "internationalen Friedenseinsatzes" Fallschirmjäger – angeblich bis zu 3.600 Mann, um "wichtige staatliche und militärische Einrichtungen zu schützen und die kasachischen Ordnungskräfte zu unterstützen."
Warum das Einmischen Russlands absolut legitim ist, erklärt Russland-Experte Gerhard Mangott: "Kasachstan ist Teil des Militärbündnisses OVKS (Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit, Anm.). Artikel vier des Vertrags sieht vor, auf Wunsch jederzeit Truppen in ein Mitgliedsland zur Wahrung der nationalen Sicherheit entsenden zu können."
Völkerrechtlich spalten sich hier jedoch die Meinungen: "Die alte Schule nennt das Entsenden von Truppen auf Wunsch einer Regierung völkerrechtskonform, die moderne Schule ist dagegen." Dem Bündnis gehören auch andere Ex-Sowjetstaaten an, wie Belarus, Armenien, Kirgistan und Tadschikistan. Alle Länder beteiligten sich laut OVKS an dem Einsatz.
Die Unruhen gelten als die schwersten seit der Unabhängigkeit Kasachstans 1991. Bereits 2019 hat es Proteste der Bevölkerung gegen Armut, soziale Ungleichheit und Korruption gegeben, diese wurden jedoch von der Corona-Pandemie unterbrochen.
Doch Mangott zweifelt an einem Erfolg dieses Aufbegehrens: "Der Kreml wird nie akzeptieren, dass eine russlandfreundliche Regierung in einem dieser Staaten gestürzt wird."
Machtspiele Russlands
Russland sehe diese Staaten nach wie vor als seinen Einflussbereich. Der Politologe verweist auf die Annektierung der Krim oder den Konflikt um Bergkarabach. Auch der Kreml bezeichnet die Proteste als einen "von außen inspirierten Versuch, die Sicherheit und Integrität des Staates gewaltsam durch den Einsatz ausgebildeter und organisierter bewaffneter Formationen zu untergraben." Die Frage sei jetzt, so Mangott, ob die russischen Truppen, wie angekündigt, zum Schutz staatlicher Einrichtungen eingesetzt werden oder zum Niederwerfen der Proteste. Letzteres wäre politisch aber ein riskantes Unterfangen.
Mittlerweile wurden 1.000 Menschen verletzt, es gibt Dutzende Tote. Zwei Leichen seien geköpft aufgefunden worden. In der Metropole Almaty wurden 2.000 Menschen festgenommen.
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