Warum polnische Lkw-Fahrer die Grenze zur Ukraine blockieren
Eine Kolonne von Lastwagen, polnische Fahnen, Transparente und Lkw-Fahrer, die mit Leuchtwesten auf der Straße stehen. So sieht es seit Montag Mittag bei drei polnisch-ukrainischen Grenzübergängen aus. Sie werden auf polnischer Seite blockiert.
Die polnischen Brummi-Unternehmen sehen sich durch unfairen Wettbewerb aus dem Osten bedroht. "Wir bleiben, bis wir Erfolg haben", sagt Tomasz Borkowski vom "Komitee zur Verteidigung von Spediteuren und Arbeitgebern im Transportwesen".
Gefordert wird vor allem, dass ukrainische Lkw-Transporte wieder genehmigungspflichtig werden, zudem sollen sich Transportunternehmen aus der Ukraine nicht mehr in Polen registrieren dürfen; auch Entschädigung wird verlangt. Der Protest bringt auch die Regierung unter Druck.
Die scheidende nationalkonservative Führung in Warschau ist Kiew nach der russischen Invasion in vielerlei Hinsicht entgegengekommen. Auch in der Wirtschaft – bürokratische Hürden für ukrainische Arbeitskräfte und ukrainische Unternehmen wurden abgebaut.
Anti-ukrainische Partei nutzt den Lkw-Protest für sich
Doch die Liberalisierung, die die Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) verantwortet, geht der polnischen Transportbranche zu weit. Nach Angaben des Komitees haben 2021, also vor dem russischen Angriff, 160.000 ukrainische Laster die Grenze passiert. Heuer seien es bis Anfang September bereits 880.000 gewesen.
Auch mit der Konkurrenz innerhalb Polens scheint etwas aus dem Ruder zu laufen. „Nun gibt es nicht nur Ukrainer, sondern auch Türken, Georgier, Russen, Belarussen, die in Polen Transportfirmen registrieren“, ärgert sich Tomasz Borkowski. Der Protest sei jedoch nicht gegen die Ukraine und die Ukrainer gerichtet; Fahrzeuge für die humanitäre Versorgung würden durchgelassen.
Dennoch nutzt die weit rechts stehende und anti-ukrainische Partei „Konföderation“ den Protest – es gebe eine „messianische Ostpolitik der PiS, die das letzte Hemd auf unsere Kosten weggeben“, sagt Rafal Mekler, Regionalpolitiker in der ostpolnischen Region Lublin.
Proteste führen zu langen Wartezeiten für Polen und Ukrainer
Schon im Oktober war der Ärger groß gewesen, weil Lkw-Fahrer, Polen ebenso wie Ukrainer, bis zu 14 Tage auf die Abfertigung nach Polen warten mussten. Laut einem Spiegel-Bericht würden polnische Grenzer bewusst bummeln, um die ukrainische Wirtschaft zu sabotieren. Polnische Medienberichte geben wiederum ukrainischen Behörden die Schuld.
Zwischen beiden Ländern knirscht es schon länger. Polen sowie Ungarn und die Slowakei haben am 15. September das rund dreimonatige Embargo gegen ukrainische Agrarprodukte verlängert – gegen eine Entscheidung EU-Kommission. Vor allem der ukrainische Weizen-Import hatte die Preise in Polen stark gedrückt. Darum stehen nach Umfragen 66 Prozent der Polen hinter dem Einfuhrstopp.
Andererseits befürworten drei Viertel der polnischen Bevölkerung eine politische und militärische Unterstützung der Ukraine. Der angehende Premierminister Donald Tusk hat eine Verbesserung der bilateralen Beziehung versprochen.
Kommentare