Warum Joe Biden eine Beziehung mit dem "Killer" Putin sucht
Eigentlich ist ein "Mörder“ niemand, mit dem man sich freiwillig an einen Tisch setzt – und genau so hat Joe Biden Wladimir Putin erst kürzlich genannt. Dass der US-Präsident sein russisches Gegenüber jetzt zu einem Gipfeltreffen geladen hat, kommt daher überraschend.
Auf Bidens außenpolitischer Agenda standen eigentlich die Beziehungen zu China und zu den NATO-Partnern in Europa deutlich weiter oben.
Militärische Muskelspiele
Doch es ist nicht nur der bedenklich unfreundliche Tonfall zwischen den beiden, sondern auch eine ganze Reihe akut anstehender Probleme, die Biden zu dem Vorschlag bewogen haben. Allen voran die aktuellen militärischen Muskelspiele Russlands an der Grenze zur Ukraine. Biden hat zwar klar gemacht, dass die USA bereit sind, das Land zu verteidigen, doch alle Friedensbemühungen für den Osten des Landes sind inzwischen versandet. Bei einem Gipfeltreffen könnte man einen neuen Anlauf zu einer dauerhaften Lösung nehmen.
Auch wenn man in Moskau vorerst noch zögert, das Angebot anzunehmen, bekommt Putin damit dringend benötigte Anerkennung, wie auch Russland-Experte Gerhard Mangott analysiert. Es sei ihm gelungen, Russland "in der Aufmerksamkeit wieder ganz nach oben zu befördern“.
"Berechenbare Beziehung"
Biden wiederum sucht – abseits aller verbalen Attacken – eine "stabile und berechenbare Beziehung“ mit Russland. Er braucht das Land als Partner, um ein paar längst überständige Probleme der US-Außenpolitik zu lösen, wie etwa Afghanistan. Man sei dort ohnehin schon viel zu lange gewesen, meinte der US-Präsident, als er am Dienstag den endgültigen US-Abzug aus Afghanistan ankündigte. Am 11.September, also dem 20. Jahrestag des Anschlags auf die Twin Towers in New York sollen alle 10.000 US-Soldaten aus dem Land sein. Um das Bürgerkriegsland auch danach irgendwie stabil zu halten, ist der Einfluss der Regionalmacht Russland wichtig.
Russland als Iran-Vermittler
Im gerade wieder eskalierenden Konflikt mit dem Iran könnte Russland ebenfalls eine wichtige Vermittlerrolle einnehmen, auch bei den Verhandlungen zum inzwischen weitgehend wertlosen Atomabkommen von 2015 saß Moskau mit am Tisch.
Auch jetzt sitzen europäische und iranische Diplomaten wieder in Wien zusammen und versuchen erneut einander näher zu kommen . Wien hat sich auch als Schauplatz für ein mögliches Biden-Putin-Gipfeltreffen ins Spiel gebracht. Offiziell will das Außenamt russische Berichte darüber nicht kommentieren. Man stehe immer für hochrangige Gespräche zur Verfügung, heißt es auf KURIER-Anfrage. Auch Mangott sieht Chancen für Wien als Gipfel-Schauplatz, allerdings frühestens im Herbst. Denn auf der Themenliste stünde auch ein neuer atomarer Abrüstungsvertrag, und der brauche noch einige diplomatische Vorarbeit.
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