Slowakei und Russland: Heftiger Schlagabtausch wegen Sputnik V
Eine Million Dosen des russischen Impfstoffes Sputnik V will Österreich kaufen. Die Vertragsverhandlungen liegen laut Kanzler Sebastian Kurz "in den letzten Zügen“, noch im April könnten 300.000 Dosen geliefert werden.
Durch die EU-Arzneimittel-Agentur EMA zugelassen ist der Impfstoff noch nicht, aber sollte es zu lange dauern, würden sowohl Bundeskanzleramt als auch Gesundheitsministerium einen nationalen Alleingang nicht gänzlich ausschließen, hieß es etwa bei der Presse.
Wie die Salzburger Nachrichten hingegen schreiben, dürfte man sich im Kanzleramt vom Gedanken verabschiedet haben, Sputnik V notfalls auch ohne grünes Licht durch die EMA einzusetzen. "Eine Zulassung muss unter Einhaltung aller wissenschaftlichen Standards erfolgen. Derzeit läuft bei der EMA mit dem Rolling Review die Prüfung des Impfstoffs und wir hoffen, dass zügig die Ergebnisse vorliegen", sagte ein Kanzler-Sprecher am Donnerstag gegenüber der SN.
Beim nationalen Alleingang müsste das Vakzin in Österreich jedenfalls geprüft werden.
Eine solche Prüfung hat die Slowakei eben abgeschlossen und damit einen veritablen Streit mit Russland vom Zaun gebrochen.
Am 1. März hat die Slowakei 200.000 Impfdosen des in der EU nicht zugelassenen Impfstoffes aus Russland erhalten. Marek Krajci, inzwischen zurückgetretener Gesundheitsminister, erteilte für die Anwendung von Sputnik V eine Ausnahmegenehmigung.
Zugleich ordnete er jedoch an, dass das Vakzin erst nach Vorliegen einer positiven Prüfung durch das staatliche Institut für Arzneimittelkontrolle SUKL verimpft werden dürfe.
In dieser Prüfung kommt der russische Impfstoff allerdings nicht gut weg: Die gelieferten Impfstoffe seien nicht in allen Details identisch mit jenem Sputnik V-Impfstoff, der in anderen Ländern zum Einsatz komme oder wie er zuvor in der renommierten Fachzeitschrift The Lancet beschrieben wurde, hieß es in dem Bericht.
"Diese Vakzine haben nur den Namen gemeinsam", schrieben die slowakischen Kontrolleure wörtlich.
Schon vorher hat die Slowakei der Herstellerfirma mangelhafte Information vorgeworfen. Das slowakische Arzneimittelinstitut erklärte etwa, dass konkrete Daten des Herstellers zur Produktion und Sicherheit fehlen würden – damit sei keine endgültige Beurteilung der Sicherheit und Effizienz möglich. Eine Zulassung könne entsprechend nicht erfolgen.
Russland fordert Lieferung zurück
Russland war und ist über den kritischen Bericht alles andere als erfreut, es kam zum Schlagabtausch zwischen beiden Ländern. Als Reaktion forderte Moskau den gelieferten Impfstoff wieder zurück. Er würde an andere Länder geschickt, die bereits bestellt hätten.
Zunächst schrieb der für den Sputnik-Vertrieb zuständige Direktinvestmentfonds RDIF auf Twitter, die Slowakei sei aufgefordert worden, das Vakzin wegen "mehrfacher Vertragsverletzungen“ zurückzuschicken, damit es in andere Länder geschickt und dort verwendet werde könne. "Impfstoffe sollten Leben retten und nicht für geopolitische und interne politische Kämpfe eingesetzt werden.“
"SUKL hat eine Desinformationskampagne gegen Sputnik V gestartet und plant weitere Provokationen", kritisierte der russische Fonds. Die Behauptung des Instituts, dass sich in die Slowakei gelieferten Dosen des Vakzins von jenen unterschieden, die im Fachmedium The Lancet beschrieben wurden, sei "Fake News“. Alle Chargen von Sputnik V seien von gleicher Qualität und würden strengen Kontrollen unterzogen.
Das SUKL habe zudem "in Verletzung des gültigen Vertrags und in einem Sabotageakt" Sputnik V in einem Labor testen lassen, das nicht zum Netzwerk der amtlichen Arzneimitteluntersuchungsstellen (OMCL) der EU gehöre, erklärten die russischen Vermarkter.
Das slowakische Kontrollinstitut SUKL seinerseits wies diesen Vorwurf zurück: Die Labortests seien im renommierten biomedizinischen Zentrum der Slowakischen Akademie der Wissenschaften erfolgt, antwortete SUKL-Sprecherin Magdalena Jurkemikova der Deutschen Presse-Agentur auf eine schriftliche Anfrage. Niemand habe SUKL im Voraus darauf hingewiesen, dass eine solche Testung vertragswidrig sein könnte. Der Vertrag werde selbst gegenüber dem Kontrollinstitut geheim gehalten.
"Ich gratuliere euch Idioten!"
Der slowakische Finanzminister und Ex-Regierungschef Igor Matovic kritisierte negative Medienberichte auf Facebook als böswillige Verschwörung. Jemand versuche offenbar „aus geopolitischen Gründen“ zu verhindern, dass Sputnik V in der Slowakei mithelfen könne, Menschenleben zu retten, schrieb der konservativ-populistische Ex-Ministerpräsident. Am Donnerstag brach er überraschend nach Moskau auf, um mit dem Chef der russischen Vermarktungsagentur zu sprechen, wie er auf Facebook mitteilte.
Von seiner Reise schickte Matovic dann eine Botschaft über Facebook an die Kritiker zu Hause, die die Vereinbarung mit Russland zerstört hätten: "Ich gratuliere euch Idioten! Ihr habt die Gesundheit von Millionen Menschen in der Slowakei als Geisel genommen.“ Dass Matovic den Sputnik-Kauf entgegen einem Beschluss seiner eigenen Regierung einfädelte, war mit ein Grund für seinen Sturz als Ministerpräsident.
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