Eine Woche vor Wahl: Über eine Million Anhänger bei Erdoğan in Istanbul

TURKEY-POLITICS-ELECTIONS
Erdoğan nannte seinen Herausforderer Kılıçdaroğlu einen "Säufer". Dieser hatte seine Wähler am Samstag auf der anderen Seite der Stadt versammelt.

"Wenn wir Istanbul nicht lieben, was versteht das Herz dann von Liebe? Istanbul, ich grüße jede in deinen Straßen, Vierteln und Hügeln, jeden einzeln. Istanbul ist nicht nur eine Stadt, die aus ihren eigenen Grenzen besteht. Istanbul ist die Stadt unserer wahren Bruderschaft von allen Seiten, vom Balkan bis zum Kaukasus."

Mit diesen Worten begrüßte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan seine Anhänger am Sonntagnachmittag zur größten Kundgebung bisher, zum "Großen Treffen in Istanbul" in den Nationalgarten des Atatürk-Flughafens. Ein symbolträchtiger Ort: Er war einer der Schauplätze des gescheiterten Putschversuchs am 15. Juli 2016.

Der Countdown läuft, in einer Woche finden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in der Türkei statt. Und im Laufe seiner Rede wurde Erdoğans Rhetorik immer schärfer.

Der Opposition machte Erdoğan den Vorwurf, sich für die Rechte von lesbischen, schwulen, bisexuellen und Transmenschen auszusprechen.

Seinen Herausforderer, Kemal Kılıçdaroğlu, beschimpfte er als "Säufer und Betrunkenen". Einmal mehr warf er ihm vor, mit "Terroristen" zusammenzuarbeiten. 

➤ Mehr lesen: Warum einem CHP-Wähler Erdoğan lieber wäre als Herausforderer Kılıçdaroğlu

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Turkish President Recep Tayyip Erdogan holds campaign rally in Istanbul

Turkish President Recep Tayyip Erdogan holds campaign rally in Istanbul

Turkish President Recep Tayyip Erdogan holds campaign rally in Istanbul

Turkish President Recep Tayyip Erdogan holds campaign rally in Istanbul

Nach Angaben seiner islam-konservativen AKP sollen 1,7 Millionen Menschen an der Kundgebung teilgenommen haben; Busse aus den umliegenden Städten wurden organisiert. Die Menschen schwenkten türkische Fahnen, einige trugen Schals und Pullover mit Erdoğans Abbild. Der Präsident hatte erst vor knapp eineinhalb Wochen den intensiven Wahlkampf kurzzeitig unterbrechen müssen – aus gesundheitlichen und stressbedingten Gründen.

Auch Opposition mobilisierte

"Wir werden am 14. Mai jemanden in den Ruhestand versetzen. Dieser Jemand war gestern in Maltepe", so Erdoğan weiter. Damit spielte er auf Kılıçdaroğlu an; das Oppositionsbündnis hatte am Wochenende ebenfalls in der Millionenmetropole versucht, seine Anhänger zu mobilisieren.

➤ Mehr lesen: Rechte Hand von Erdoğan-Herausforderer: "Seine Zeit ist abgelaufen"

Presidential candidate of Turkey's main opposition alliance Kilicdaroglu holds an election campaign rally in Istanbul

Presidential candidate of Turkey's main opposition alliance Kilicdaroglu holds an election campaign rally in Istanbul

Presidential candidate of Turkey's main opposition alliance Kilicdaroglu holds an election campaign rally in Istanbul

Presidential candidate of Turkey's main opposition alliance Kilicdaroglu holds an election campaign rally in Istanbul

Kılıçdaroğlu von der sozialdemokratischen CHP hatte am Samstagnachmittag im Stadtteil Maltepe im Orhangazi City Park seine bisher größte Versammlung abgehalten. "Wir werden dieses Land wie einen Himmel gestalten und in Frieden zusammenleben. Wir sind der Präsident von 85 Millionen Menschen ohne jeden Diskriminierung, ohne die Identität, den Glauben oder den Lebensstil von irgendjemandem in Frage zu stellen", so der Spitzenkandidat zu seinen Anhängern.

Er kritisierte Äußerungen von Regierungspolitikern, die einen Wahlsieg der Opposition mit einem Putsch gleichsetzten. "Das zeigt, dass sie nicht an Demokratie glauben", sagte er. "Was sie auch tun, die Stimmen des Volkes sind wertvoll und das müssen sie akzeptieren."

Die Nationalflagge war auch hier vertreten, daneben Wahlkampffahnen mit der Aufschrift "Der Frühling wird kommen." 

Neben Kılıçdaroğlu waren auch die Vorsitzenden der fünf anderen Parteien des Bündnisses sowie die CHP-Bürgermeister von Istanbul und Ankara auf der Bühne. eine offizielle Teilnehmerzahl wurde nicht genannt, inoffizielle Quellen sprachen von 1,4 Millionen Menschen.

Umfragen sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus. Gewinnt keiner der Kandidaten in der ersten Runde die absolute Mehrheit, kommt es am 28. Mai zu einer Stichwahl.

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