Wahl in Sachsen-Anhalt: Knappes Rennen zwischen CDU und AfD
Man kann Armin Laschet, Kanzlerkandidat der Union und CDU-Chef, nicht vorwerfen, er hätte sich gedrückt. Zwei Tage war er in Sachsen-Anhalt unterwegs, besuchte eine frühere Braunkohleregion und ließ sich den größten ausgestopften Waldelefanten der Welt zeigen.
Und das an der Seite von Wahlkämpfern, deren Wunschkandidat ein anderer gewesen wäre. Von Markus Söder versprachen sich große Teile der sachsen-anhaltinischen CDU – inklusive Ministerpräsident Reiner Haseloff – einen Schub für die Wahl an diesem Sonntag. Auch bei jener zum CDU-Vorsitz waren sie nicht für Laschet, sondern für Friedrich Merz gewesen. Männer, die aus ihrer Sicht bei Wählern mehr punkten könnten – durch markiges Auftreten und klare Ansagen.
Knappes Rennen
Sollte die CDU schlecht abschneiden, würde das jene bestätigen, die Laschet für den weniger geeigneten Kanzlerkandidaten halten. Aber das wäre nicht sein einziges Problem: Im 2,2 Millionen-Einwohner-Land Sachsen-Anhalt, wo die AfD 2016 erstmals in den Landtag einzog, droht sie stark zu werden. In den letzten Umfragen lag sie dicht hinter der CDU, die mit ca. 30 Prozent führt. Und es gibt hier – wie in anderen ostdeutschen Verbänden – Abgeordnete, die auf eine Zusammenarbeit setzen. Obwohl die AfD dort äußerst radikal ist. Ihr Wahlprogramm gleicht einer völkisch-nationalistischen Proklamation (Kein Geld für „anti-deutsche“ Kunst, Förderung nur für deutsche Kinder). Zudem steht sie wegen Rechtsextremismus‐Verdachts im Visier des Verfassungsschutzes.
Als sie vor fünf Jahren mit 24 Prozent hinter der CDU (28 Prozent) landete, gelang es Ministerpräsident Reiner Haseloff nur mit Mühe eine Koalition mit SPD und Grünen zu basteln. Doch in dieser knirschte es oft. Zuletzt drohte sie zu zerbrechen, als man über die Erhöhung der Rundfunkbeiträge stritt. Innenminister Holger Stahlknecht liebäugelte daraufhin öffentlich mit einer Minderheitsregierung, toleriert durch die AfD. Regierungschef Haseloff feuerte ihn deswegen. Er gehört zu den liberalen CDUlern, die sich gegen diese Art von Kooperation wehren – auch nach der Wahl an diesem Sonntag. Aber was, wenn die Bildung einer neuen Koalition wieder kompliziert wird? Und Haseloff im Landesparlament nicht als deren Chef gewählt wird? Setzen sich dann andere Kräfte durch?
Keine Kooperation
Im Berliner Konrad-Adenauer-Haus, der CDU-Bundeszentrale, setzt man jedenfalls auf eine klare Abgrenzung. „Mit denen wird nicht geredet, mit denen wird nicht kooperiert, mit denen wird nicht koaliert“, wiederholt Parteichef Armin Laschet regelmäßig in Interviews.
Tatsächlich hat die CDU-Führung 2018 einen Beschluss gefasst, der die Zusammenarbeit mit Linkspartei und AfD ausschließt - er gilt für alle Landesverbände. Doch das hält dort einige nicht davon ab, mit den Rechten zu flirten oder abzustimmen. Wie 2019 in Thüringen, wo die CDU mit der AfD den FDP-Politiker Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten wählte – trotz Mahnungen der damaligen Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer, die daraufhin zurücktrat.
Auch auf kommunaler Ebene wird teilweise schon kooperiert, berichtet Journalist und Autor Michael Kraske. „Das könnte die AfD so normalisieren, dass sie von den anderen als eine Partei unter vielen akzeptiert wird. Was sie aber nicht ist, wenn man sich ihr Programm ansieht und das Auftreten der Akteure und ihre Vernetzungen ins rechtsextreme Lager.“
Dass sie dennoch in Teilen Ostdeutschlands von so vielen Menschen gewählt wird, hat mehrere Ursachen. Wählerstromanalysen haben gezeigt, dass sie vor allem aus dem Lager der Nichtwähler kommen. Rechtsextreme und ausländerfeindliche Einstellungen wären unter AfD-Wählern weiter verbreitet als bei Anhängern anderer Parteien. Laut Kraske wurden solche Haltungen zu DDR-Zeiten totgeschwiegen, und nach der Wiedervereinigung von Neonazis aus dem Westen wiederbelebt, die „rübergingen“. Dazu kommen jene, die sich als Verlierer der Wende fühlen, ihre Jobs verloren haben – und deren Wut auf die Regierenden von der AfD aufgegriffen wird.
In der AfD-Wähler-Debatte sprach Laschet kürzlich von einer „Fehlannahme“ – sie kämen nicht überwiegend von der CDU. Je nach Ausgang der Wahl könnten ihm nach dem Sonntag noch ganz andere Diskussionen bevorstehen.
Kommentare