Wagner-Söldner sind weiterhin ein Risiko für Putin

Bei Tsel, rund 90km südöstlich von Minsk, wurden Zelte für Wagner-Söldner errichtet, doch die Truppen kamen nie an.
Prigoschin und seine Truppen hätten sich in Belarus niederlassen sollen. Doch angekommen sind sie dort nicht.

Die Wagner-Armee des russischen Söldnerchefs Jewgeni Prigoschin stellt aus Sicht von US-Experten weiter eine potenzielle Gefahr für Kremlchef Wladimir Putin und seinen Machtapparat dar.

"Putin erlaubt Wagner und Prigoschin weiter, in Russland zu operieren und potenziell eine Gefahr für sein Regime zu sein", hieß es in einer Analyse des US-Instituts für Kriegsstudien ISW in Washington.

Auch zwei Wochen nach dem kurzzeitigen Wagner-Aufstand mit wohl 25.000 Söldnern gegen die russische Militärführung könnten sich Prigoschin und die Kommandanten frei in Russland bewegen.

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Putin habe entweder ein bemerkenswertes Vertrauen in die beteuerte Loyalität Prigoschins, oder er sei unfähig, gegen die Wagner-Truppen vorzugehen, meinten die ISW-Experten.

Der Kremlchef hatte Prigoschin und seinen Wagner-Söldnern Straffreiheit zugesichert, nachdem sie den Aufstand überraschend beendet hatten.

Der Präsident bot den Söldnern an, einen Vertrag mit dem Verteidigungsministerium zu unterschreiben, sich nach Hause oder ins benachbarte Belarus zurückzuziehen.

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Prigoschin und seine Leute nicht in Belarus

In Minsk hatte Machthaber Alexander Lukaschenko das Ende des Aufstandes vermittelt und Prigoschins Armee Stützpunkte angeboten. Nach Lukaschenkos jüngsten Angaben haben sich weder Prigoschin noch die Truppen dort bisher niedergelassen.

Die ISW-Experten verwiesen auch auf Aussagen eines Wagner-Kommandanten, nach denen die Truppen derzeit bis August im Urlaub seien. Nach Aussagen des Befehlshabers Anton Jelisarow, Kampfname Lotos, könnte der Kreml auch versuchen, die in Afrika und im Nahen Osten agierenden Söldner unter seine Kontrolle zu bringen.

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Die ISW-Experten meinten, dass die Neuorganisation der Wagner-Armee und ihre Verlegung nach Belarus noch bis zum Herbst nicht klar sein könnten.

Auch die genauen Abmachungen zwischen Putin und seinem frühere Vertrauten Prigoschin sowie weitere Folgen des schnell wieder beendeten Wagner-Aufstandes blieben weiter unklar.

Ukraine kann profitieren

"Aber die Ukraine hat schon Nutzen aus der Rebellion gezogen und kann weiter davon profitieren", hieß es in der ISW-Analyse.

Wagner sei in der Ukraine einst Russlands effektivste Kampfeinheit gewesen, werde aber wohl in der laufenden Gegenoffensive Kiews keine Rolle spielen. Auch könnten Moskaus Fähigkeiten zur Kriegsführung dauerhaft geschwächt werden.

Russische Staatsmedien wurden von Aufstand überrascht

Die staatlich kontrollierten russischen Medien wurden nach Ansicht britischer Geheimdienstexperten vom Aufstand der Söldnertruppe Wagner überrascht. Das geht aus dem täglichen Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London am Sonntag hervor.

Demnach lief das normale Programm im russischen TV einfach weiter.

Prigoschin hatte in einem Aufstand gegen die russische Militärführung am 24. Juni mit seinen Söldnern die südrussische Stadt Rostow am Don besetzt.

Seine Kämpfer rückten dann Richtung Moskau vor. Stunden später rief Prigoschin sie zurück und stimmte einer Ausreise nach Belarus im Gegenzug für eine Amnestie zu.

Nachdem der Aufstand beendet war, versuchten die russischen Kanäle zunächst der Behauptung entgegenzutreten, Sicherheitskräfte hätten sich passiv verhalten, so die Briten.

Stattdessen hätten sie versucht, das Narrativ zu bedienen, Präsident Wladimir Putin habe triumphiert, indem er die Revolte ohne Blutvergießen erfolgreich zu Ende gebracht habe.

Eine Woche später sei dann die Bedeutung Prigoschins heruntergespielt und dessen Charakter infrage gestellt worden.

Kanäle Wagners im sozialen Netzwerk Telegram hingegen seien wohl auf staatliche Intervention hin verstummt. Putin habe versucht, mit öffentlichen Auftritten Stärke zu zeigen.

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