30 Minuten Schimpfwörter und neue Aufgaben: Die neue Heimat des Wagner-Chefs

Wenige Kilometer von Minsk entfernt, Dienstagfrüh. Eine Embraer Legacy 600 (Preis: 26 Millionen Dollar) landet auf dem Machulishchi-Militärflugplatz. Der Privatjet startete laut der Website „flightradar 24“ im Südwesten Russlands, nahe der ukrainischen Grenze. Sein Besitzer: Putins ehemaliger „Bluthund“ Jewgeni Prigoschin. Kurz danach vermeldete der russische Inlandsgeheimdienst FSB, dass alle Ermittlungen gegen den Söldnerführer fallengelassen wurden.
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Prigoschin hat damit Dienstagfrüh seinen Fuß auf den Boden seiner neuen Heimat Belarus gesetzt.
Wenig später trat der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko vor die Kameras. Wortreich erzählte er, wie er Prigoschin telefonisch knapp vor Moskau gestoppt habe: „Die erste Runde haben wir etwa 30 Minuten lang in Schimpfwörtern gesprochen. Ausschließlich“, sagte er. Nach langem Hin und her sei es Lukaschenko dennoch gelungen, zwischen Putin und Prigoschin – er weißt ausdrücklich darauf hin, dass er keinen der beiden als Helden bezeichnen will – zu vermitteln. Der Ausgang: Die Wagner-Söldner erhalten Straffreiheit, Prigoschin geht ins Exil nach Belarus.
Wagner-Lager
Ähnlich sprach der russische Präsident Wladimir Putin in der Nacht auf Dienstag: Die Wagner-Kämpfer stünden vor der Wahl, sich den russischen Streitkräften anzuschließen, nach Hause zu gehen, oder aber Prigoschin nach Belarus zu folgen. Noch ist nicht klar, wie viele Söldner die dritte Option wahrnehmen, doch am Dienstag wurde deutlich, dass Lukaschenko auf rege Beteiligung hofft. Zu seinem Verteidigungsminister sagte er: „Sie werden uns zeigen, wie man angreift und wie man sich verteidigt. Das ist von unschätzbarem Wert. Das ist es, was wir von den Wagnerianern lernen müssen.“
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Durch dieses Gespräch sind die bislang unbestätigten Gerüchte, 200 Kilometer nördlich der ukrainischen Grenze werde in Belarus ein Wagner-Lager für 8.000 Kämpfer errichtet, in einem anderen Licht zu sehen.
Das belarussische Militär ist mit einer Stärke von 60.000 Mann relativ klein und auf dem Schlachtfeld unerprobt. Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass die Wagner-Gruppe in naher Zukunft belarussische Truppen ausbildet. Fraglich ist freilich, wie währenddessen das operative Geschäft der Wagner-Gruppe in Afrika und Syrien weitergeht – und wie verpflichtet sich Prigoschin seinem neuen Gastgeber gegenüber fühlt.
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