Völkermord in Ruanda: Der Hauptfinanzier wurde in Paris verhaftet

Völkermord in Ruanda: Der Hauptfinanzier wurde in Paris verhaftet
Der einst reichste Mann Ruandas wurde mit 84 Jahren verhaftet. Er galt als Finanzier des Völkermords an den Hutis.

Felicien Kabuga gilt als Finanzier und einer der wichtigsten Hintermänner des Völkermords in Ruanda. Bevor er schließlich am Samstag in einem Vorort von Paris gefasst wurde, konnte er sich mehr als ein Vierteljahrhundert lang der Justiz entziehen. Dabei geholfen haben dem 84-Jährigen, der einst zu den reichsten Männern Ruandas gehörte, auch sein Geld und seine Beziehungen.

Er begann als Hausierer

Kabugas Eltern waren einfache Bauern, er selbst jobbte zunächst als Hausierer und dann als Kleider- und Zigarettenverkäufer auf einem Markt in seiner Heimatregion Byumba. Schon bald zog es ihn in die Hauptstadt Kigali, wo er mehrere Geschäfte eröffnete. Nach und nach kaufte er eine Tee-Plantage, Wohnungen, Lagerhäuser und weiteren Grundbesitz.


1994 galt Kabuga als reichster Mann des Landes. Die Saga seines Erfolgs erreicht noch die entlegensten Dörfer; dort bekommen Bauern, wenn sie ein wenig Geld gespart haben, den Spitznamen „Kabuga“.
1993 schafft es der Selfmademan endgültig an die Spitze der Gesellschaft. Eine seiner Töchter heiratet den ältesten Sohn von Präsident Juvénal Habyarimana, zudem wird er Schwiegervater des damaligen Planungsministers Augustin Ngirabatware.

35 Jahre Haft

Am 6. April 1994 wird der Hutu Habyarimana beim Abschuss seines Flugzeugs getötet - das Attentat gilt als Ausgangspunkt der Massaker, bei denen zwischen April und Juli 1994 rund 800.000 Angehörige der Tusi-Minderheit sowie gemäßigte Hutus getötet werden. Auch Minister Ngirabatware beteiligt sich an den Plänen zu dem Massaker - dafür wird er 2012 vom Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda (ICTR) zu 35 Jahren Haft verurteilt.


Zu den wichtigsten Angeklagten des ICTR zählt auch Kabuga. Das Gericht wirft ihm vor, die Interahamwe-Miliz gegründet zu haben - die bewaffnete Gruppe, die hauptsächlich für den Völkermord an den Tutsi verantwortlich gemacht wird. Seinen Reichtum und seine Macht soll er dazu genutzt haben, als Chef des Nationalen Verteidigungsfonds (FDN) Geld für die Finanzierung der Milizen zu beschaffen.

Macheten importiert

Kabuga soll auch große Mengen an Macheten importiert haben, mit denen viele der Massaker verübt wurden. Mindestens zwei der Massaker soll er persönlich geleitet haben. Darüber hinaus half er beim Aufbau der berüchtigten Radio-Télévision Libre des Mille Collines. Der Sender stachelte die Bevölkerung an, sich an den Morden zu beteiligen.


Erst nach rund hundert Tagen beendet die im Exil von Tutsi-Rebellen gegründete Ruandesische Patriotische Front (RPF) mit dem heutigen Präsident Paul Kagame an der Spitze das Schlachten. Kabuga flieht in die Schweiz, wird aber einen Monat später des Landes verwiesen. Er geht nach Kinshasa, der Hauptstadt der heutigen Demokratischen Republik Kongo, und schließlich nach Kenia.

Fünf Millionen Dollar Kopfgeld

Inzwischen wird er mit internationalem Haftbefehl gesucht, entgeht aber drei Mal seiner Verhaftung. 2002 setzen die USA ein Kopfgeld von fünf Millionen Dollar (4,63 Mio. Euro) auf Kabuga aus und lassen ihn mit einer Medienkampagne in ganz Kenia suchen. Vergeblich.


Vertraute Kabugas versichern immer wieder, er sei schon längst gestorben. Der Internationale Strafgerichtshof für Ruanda, der 2015 seine Arbeit einstellt, und sein Rechtsnachfolger MICT glauben diesen Versicherungen jedoch nicht. Kabugas Festnahme in Asnières-sur-Seine, wo er sich mit Hilfe seiner Töchter unter falscher Identität versteckt hielt, gibt ihrem Misstrauen nun Recht.

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Kabugas Wohnhaus in Asnières-sur-Seine


Im Jahr 2011 sammelte der ICTR mit Hilfe besonderer Anhörungen Zeugenaussagen für den Prozess gegen Kabuga, aus Sorge, einige könnten bis dahin gestorben sein. Sie könnten sich nun als nützlich erweisen.

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